
© Bernd Weißbrod/dpa
Debatte um Wehrdienst: Pistorius sieht in flächendeckender Musterung Abschreckung gegenüber Russland
Sollte der Verteidigungsfall eintreten, „müssen wir wissen, wer einsatzbereit ist und wer nicht“, sagte der Minister. Ob es ein Losverfahren geben soll, das müsse nun das Parlament entscheiden.
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Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hält eine Musterung aller jungen Männer für ein abschreckendes Signal gegenüber Russland. „Wenn wir wieder alle Männer eines Jahrgangs mustern und die Daten aller Wehrfähigen erheben, wird das auch in Russland wahrgenommen. Anders ausgedrückt: Auch das ist Abschreckung!“, sagte der SPD-Politiker der „Bild am Sonntag“.
Sollte der Verteidigungsfall eintreten, den es zu verhindern gelte, trete nach dem Grundgesetz die 2011 ausgesetzte Wehrpflicht unmittelbar wieder in Kraft. „Dann müssen wir wissen, wer einsatzbereit ist und wer nicht“, sagte der Minister.
Pistorius nannte die mit der Aussetzung verbundene Abschaffung der Kreiswehrersatzämter einen schwerwiegenden Fehler. „Wir bauen jetzt neue, moderne Strukturen auf. Ab Mitte 2027 sind wir so weit. Dann können wir wieder flächendeckend mustern.“
Die schwarz-rote Koalition hatte am Donnerstag ihre Pläne zur Wehrdienst-Reform in den Bundestag eingebracht. Es gibt aber noch Unstimmigkeiten zwischen CDU, CSU und SPD – dabei geht es vor allem darum, welche Mechanismen greifen sollen, wenn sich nicht, wie durch das Gesetz beabsichtigt, genügend Freiwillige für die Bundeswehr finden.
Pistorius sagte, dass nun im Parlament entschieden werden müsse, ob es ein Losverfahren geben soll. „Wir werden uns als Ministerium hier selbstverständlich ebenfalls einbringen.“ Ihm sei wichtig, dass so lange wie möglich auf Freiwilligkeit gesetzt werde.
Pistorius will daran festhalten, dass das Wehrdienstgesetz Anfang 2026 in Kraft tritt und zeigte sich bezüglich einer Einigung mit den Fraktionen optimistisch. „Ich bin zuversichtlich, dass wir das hinbekommen. Alle im Bundestag wissen: Es geht um die Sicherheit Deutschlands.“
Mehrheit der Deutschen gegen Losverfahren
Eine deutliche Mehrheit der Deutschen spricht sich dem Blatt zufolge gegen das von der Union vorgeschlagene Losverfahren im neuen Wehrdienstgesetz aus. Nach einer aktuellen Erhebung des Meinungsforschungsinstituts Insa für die Zeitung halten 60 Prozent der Befragten die entsprechende Regelung für falsch. Diese sieht vor, dass bei zu wenigen Freiwilligen ausgelost werden soll, wer gemustert und gegebenenfalls zu einem Wehrdienst verpflichtet wird, schrieb die „Bild am Sonntag“ vorab.
Nur 21 Prozent bewerten den Vorschlag als richtig. Auch unter Anhängern der Union stößt das Konzept auf Skepsis: 59 Prozent der CDU/CSU-Wähler lehnen das diskutierte Losverfahren ab. Unter SPD-Wählern liegt der Anteil der Gegner mit 64 Prozent sogar noch höher. Deutlich fällt die Ablehnung bei jungen Menschen aus: In der Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen sind parteiübergreifend lediglich 20 Prozent für das Modell, während 50 Prozent dagegen sind, hieß es im Vorabbericht.(dpa/Reuters)
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