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Großbritannien: Denkzettel für Labour

Die Labour-Partei von Premierminister Blair hat bei den Regionalwahlen in Großbritannien einen Dämpfer erhalten. Trotz schmerzlicher Verluste in Schottand, Wales und Teilen Englands, blieb die vorausgesagte katastrophale Niederlage aber aus.

London - Blair sah die konservative Opposition als eigentlichen Verlierer. Der Urnengang galt als großer Stimmungstest für Labour nach Blairs zehnjähriger Amtszeit. Nach der Auszählung von mehr als zwei Dritteln der Stimmen deutete sich am Freitag in Schottland bei einem Kopf-an-Kopf-Rennen an. Labour muss um die relative Mehrheit im dortigen Parlament fürchten. Labour hatte in den vergangenen 50 Jahren alle Wahlen in Schottland gewonnen. In Wales kann die Partei des Premierministers künftig nicht mehr allein regieren. In England gingen einige wichtige Mandate in Stadt- und Kreisräten, die bislang von Labour gehalten wurden, an die konservative Opposition von Tory-Chef David Cameron. Insgesamt waren rund 39 Millionen Briten zur Wahl aufgerufen.

Blairs Deutungsversuche

Blair sagte: "Die Ergebnisse sind besser als erwartet." Die Konservativen und die Liberaldemokraten hätten "einen fürchterlichen Satz von Ergebnissen" eingefahren. Der Opposition sei nicht der Durchbruch gelungen, wie sie dies erhofft habe. Insgesamt biete die Wahl für die regierenden Labour-Partei "ein perfektes Sprungbrett" für die nächsten allgemeinen Wahlen. Diese werden nicht vor 2009 erwartet. Blair hat für die kommende Woche eine Erklärung über den Termin seines Rücktritts angekündigt. Als sein Nachfolger gilt Schatzkanzler Gordon Brown.

Insgesamt konnte Labour jedoch die oft vorhergesagte "katastrophale Niederlage" abwenden, hieß es in Analysen der Rundfunkanstalt BBC. Das Gesamtbild sei aber "angesichts der seit Jahrzehnten schlechtesten Ergebnisse für Labour in Wales und Schottland sowie der Verluste in England eindeutig schlecht".

"Atemberaubendes" Ergebnis für Torries

Für den neuen Vorsitzenden der Konservativen Partei, David Cameron, erwiesen sich die Regionalwahlen nach Einschätzung von Beobachtern als Bestätigung seines Modernisierungskurses bei den Tories. Cameron sprach von "atemberaubenden" Ergebnissen für seine Partei.

In Schottland gewann die Nationalpartei SNP, die für eine Abspaltung des Nordens vom Vereinigten Königreich eintritt, erwartungsgemäß Stimmen hinzu. Unklar blieb jedoch zunächst, ob sie tatsächlich stärkste Partei im schottischen Parlament wird. Besonders schmerzlich für Labour war der Verlust des Wahlkreises Central Fife, denn von dort kommt der wahrscheinliche Nachfolger Blairs, Gordon Brown.

Pannen bei der Auszählung

Der SNP-Vorsitzende Alex Salmond sprach von einem "frischen Wind". Labour habe "zum ersten Mal seit 1955 schottische Wahlen verloren". Die Wahl in Schottland wurde durch zahlreiche ungültige Stimmen und Pannen bei der Auszählung behindert. Bis zu 100.000 Stimmzettel seien beschädigt gewesen, berichtete die BBC. Es wurde eine unabhängige Untersuchung eingeleitet.

Kommentatoren machten für den verbreiteten Unmut der Briten die Unterstützung Blairs für US-Präsident George W. Bush im Irak-Krieg sowie einen allgemeinen Überdruss mit seiner Amtsführung verantwortlich.

Dass Blair die politische Bühne in diesem Jahr verlässt, hatte der Premier schon im vergangenen September angekündigt. Allgemein wird damit gerechnet, dass Blair nach den Gipfelkonferenzen der EU und der G8-Staaten im Juni die Amtsgeschäfte an Brown übergibt. Spekulationen über Blairs Zukunft rankten sich um einen Job bei der Europäischen Union oder um einen möglichen Botschafter-Posten in Afrika oder im Mittleren Osten, berichteten Medien. (tso/dpa)

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