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Unsichere Daten: Ein Bundestagsabgeordneter nutzt während einer Sitzung des Bundestages einen Tablet-Computer.

© dpa

Chaos Computer Club fordert Abwehrkonzept: „Der Bundestag kann mehr gegen Cyberattacken tun“

Der Chaos Computer Club fordert ein Abwehrkonzept vom Bundestag. Auch ein Rechner von Kanzlerin Angela Merkel soll von einem Trojaner infiziert worden sein.

Von Antje Sirleschtov

Nach den Cyberattacken auf den Deutschen Bundestag wirft die Hacker-Organisation Chaos Computer Club (CCC) dem Parlament vor, sich mit dem Thema Netzsicherheit nicht ausreichend auseinanderzusetzen. „Der Bundestag hat die Dimension der Sicherheit im Netz nicht verstanden“, sagte die CCC-Sprecherin Constanze Kurz dem Tagesspiegel. Der Umgang mit so sensiblen Daten wie denen eines nationalen Parlaments erfordere sowohl technisch als auch im Umgang mit Hackerangriffen mehr Professionalität. Das Parlament könne „viel mehr tun“, um sein Netz sicherer zu machen, sagte die CCC-Expertin Kurz und forderte den Bundestag auf, ein „Abwehrkonzept“ zu erstellen. Möglichst rasch sollte die Parlamentsverwaltung allerdings die Nutzer des Netzes, also Abgeordnete und ihre Mitarbeiter, mit Informationen darüber versorgen, wie sie sich nach dem Hackerangriff zu verhalten hätten.

Die Hacker-Experten gehen von einer geheimdienstlichen Aktion aus

Die Experten des Chaos Computer Clubs gehen mittlerweile davon aus, dass es sich bei dem Hackerangriff nicht um einen Angriff mit kriminellem Hintergrund, sondern um eine geheimdienstliche Aktion handelt. Das könne aus der „sehr aufwendigen“ Struktur der eingeschleusten Software geschlossen werden.

Von der Cyber-Attacke auf das Parlament ist der „Bild am Sonntag“ zufolge auch ein Computer von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) betroffen. Der Rechner in ihrem Parlamentsbüro sei einer der ersten gewesen, bei dem der Trojaner nachgewiesen worden sei, berichtete die Zeitung unter Berufung auf ungenannte Quellen. Zur Frage, ob Daten von Merkels Computer gestohlen worden seien, habe sich im Umfeld der Kanzlerin niemand äußern wollen. Die Cyber-Attacke auf den Bundestag nehme jedoch eine immer größere Dimension an. Bis Freitagnachmittag seien 15 Computer nachweislich befallen gewesen. Von fünf Rechnern seien 16 bis 20 Gigabyte an Daten abgesaugt worden. Hacker hätten den Namen Merkels auch für den Versand infizierter Mails missbraucht, berichtete die Zeitung. Bei den Abgeordneten sei vor einigen Tagen eine Mail mit dem Absender „Angela Merkel“ im Postfach aufgetaucht. Im Betreff sei es um eine Einladung zu einer Telefonkonferenz gegangen. Der enthaltene Link sei jedoch infiziert gewesen.

Im Bundestag muss offenbar die gesamte Software ausgetauscht werden

Die Erneuerung des IT-Netzwerks im Bundestags könnte bis zu zwei Jahre dauern, wie die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" unter Berufung auf Sicherheitsfachleute berichtete. Unter anderem müsse die gesamte Software des Bundestags ausgetauscht werden. Diese Aufgabe soll nach Informationen der "FAS" das Unternehmen T-Systems übernehmen, das zur Deutschen Telekom gehört. Dem Bericht zufolge gibt es im Bundestag Kritik daran, dass der Bundestag 2009 - anders als der Bundesrat - beschlossen hatte, sich nicht dem Netz der Bundesregierung anzuschließen, das vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) überwacht wird. Fachleute seien sich einig, dass der aktuelle Angriff dann keinen Erfolg gehabt hätte. "Die Chance wäre um einiges größer gewesen, den Angriff abzuwehren," sagte der CDU-Abgeordnete Clemens Binninger der "FAS".

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen warnte unterdessen vor einer wachsenden Bedrohung durch Attacken über das Internet. „Cyberangriffe sind absehbar eine der größten Herausforderungen für die internationale Sicherheit der nächsten Dekaden“, sagte die CDU-Politikerin der „Welt am Sonntag“. Betroffen seien nicht nur staatliche Institutionen. Cyberangriffe könnten auch in Wirtschaft und in der öffentlichen Versorgung „enorme Schäden anrichten“. (mit AFP)

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