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Markus Söders Macht reicht mittlerweile kaum noch über Bayern hinaus.

© Sven Hoppe/dpa

Vom „Team Vorsicht“ zu „Team Augenmaß“: Der Image-Wechsel gelingt Markus Söder nicht

Markus Söder war lange der starke Mann der Union. Doch Niederlage und Neuaufstellung der CDU verweisen ihn zurück auf Bayern. Ein Kommentar.

Von Robert Birnbaum

Die CSU hat neulich eine Fotoserie verbreitet, die das Kunststück fertigbrachte, die Realität gleichzeitig richtig und völlig falsch darzustellen. Die Bilder zeigten den Besuch des neuen CDU-Chefs Friedrich Merz beim Kollegen Markus Söder. Söder wies mit weit ausholender Geste dem Gast sein Reich, Merz schaute leicht gebeugt dieser Vorführung bajuwarischer Kraft und Herrlichkeit zu.

Dass die wahren Kraftverhältnisse gerade umgekehrt sind, kam in der Darstellung zu kurz. Richtig ist hingegen: Söders Macht reicht mittlerweile wieder kaum über Bayern hinaus.

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Das war vor einem Jahr bekanntlich anders, als der Ministerpräsident Söder die Corona-Debatten dominierte und der Parteivorsitzende Söder die Kanzlerkandidatur beanspruchte. Im Nachhinein betrachtet ist ihm beides nicht gut bekommen.

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Davon merkt man noch nicht viel. Der Bayer bleibt ein gefragter Interviewpartner für „Tagesthemen“ und „Heute-Journal“. Auf Twitter eilt er virtuell von Erfolg zu Erfolg, vom „Munich Valley“ für Quantencomputer bis zur neuen Landesvertretung in London. Aktuell bietet die Winterklausur der CSU-Landesgruppe die Bühne für kraftvolle Auftritte.

Doch hinter der Prachtfassade bröckelt es sachte. Beispiel Corona: Der Schwenk vom superstrengen Coach des „Team Vorsicht“ zum neuen Anführer, diesmal eines „Teams Augenmaß“ gelingt nicht. Das alte Image war so stark, dass das neue fast zwangsläufig unscharf bleibt.

In der Sache lässt sich gegen den Kurswechsel gar nichts sagen. Man wird trotzdem den Verdacht nicht los, dass durch die Tür aus der Pandemie, die er in der „Omikron-Wand“ hoffnungsvoll erahnt, vor allem er selbst gern schlüpfen würde.

Denn so sehr der strenge Söder in der Republik Bewunderer fand, so wenig nützte ihm das im eigenen Land. Die ganz strikten Maßnahmen haben Gerichte kassiert. Bayerns Coronabilanz ist so durchwachsen wie die anderer Länder. Auch politisch schreibt die CSU keine Erfolgsgeschichte. Seit Söder in der Kandidatenfrage vor Armin Laschet kapitulierte, sanken die Umfragewerte der einstigen Partei für absolute Mehrheiten auf 30 plus x.

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Schwer zu sagen, welche Rolle das Drama um die K-Frage dabei spielt. Aber Anführer, die erst angreifen, dann zurückziehen und zuletzt nachkarten, müssen in der Erfolgspartei CSU um den Ruf als strahlende Helden fürchten.

Dazu kommt, dass sich die CDU inzwischen auf dem Weg zu etwas Neuem befindet, egal wie man zu Merz steht: Neue Leute, neue Strukturen, neue Machtverhältnisse. Das garantiert keinen Aufschwung, sichert ihr aber mindestens mal Interesse und Aufmerksamkeit.

Das Programm der CSU-Klausur, die am Mittwoch beginnt, erinnert dagegen trotz des Mottos „Aufbruch22“ eher an die Rückkehr alter Gewohnheiten. Die CSU konzentriert sich wie gehabt auf Fragen der Sicherheit und Migration. Die Ampel-Regierung bietet da ja auch offene Flanken. Trotzdem haftet der Konzentration aufs konservative Publikum etwas von Rückzug in eine altbekannte Arbeitsteilung an.

Mit Merz kann Söder nicht umspringen wie mit den Vorgängern

Und das ist es ja auch. Die CDU übernimmt mit ihrem mit starkem Rückhalt ausgestatteten Chef bis auf Weiteres wieder die Rolle der großen Schwester. Mit Merz kann Söder nicht umspringen wie mit den Vorgängern. Der Sauerländer ließe es sich nicht gefallen.

Anders als Laschet oder Annegret Kramp-Karrenbauer müsste Merz auch gar nicht die Zähne zusammenbeißen: Söder hat sein Querschuss-Arsenal aufgebraucht. Für die Bayern-Wahl 2023 braucht er die CDU, nicht umgekehrt. Und darauf, dass die CDU ihn danach noch einmal benötigt, sollte er besser auch nicht setzen.

Bleibt Merz der starke Mann, als der er formal startet, gibt es irgendwann Fotos in Berlin mit einem Gast aus der Alpen-Provinz. Gewinnt jemand wie Hendrik Wüst die nächste Landtagswahl für die CDU, wird der Jüngere zum Hoffnungsträger. Die CSU-Landesgruppe hat schon Witterung aufgenommen. Sie hat nicht nur Söder und Merz, sondern auch den NRW-Ministerpräsidenten zur Klausur eingeladen.

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