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Der russische Außenminister: Sergej Lawrow.

© Kirill Kudryavtsev/Pool AFP/AP/dpa

Russischer Außenminister zu Sanktionen: Der Westen hat „einen echten hybriden Krieg erklärt, den totalen Krieg“

Lawrow und Putin haben westlichen Staaten im Umgang mit Russland Nazi-Methoden vorgeworfen. Es herrsche eine Gesetzlosigkeit der Sanktionen.

Mit Blick auf westliche Sanktionen hat Russlands Außenminister Sergej Lawrow von einem gegen Moskau gerichteten „hybriden Krieg“ gesprochen. „Heute haben sie uns einen echten hybriden Krieg erklärt, den totalen Krieg“, sagte Lawrow am Freitag bei einer Sitzung mit Vertretern einer Diplomatie-Stiftung der Staatsagentur Tass zufolge. „Diesen Begriff, der in Hitler-Deutschland verwendet wurde, sprechen jetzt europäische Politiker aus, wenn sie davon sprechen, was sie mit der Russischen Föderation tun wollen.“

Die tatsächliche Verwendung des Begriffs durch namhafte EU-Politiker in den vergangenen Tagen ist nicht bekannt. Am 1. März hatte Frankreichs Wirtschaftsminister Bruno Le Maire zwar mit Blick auf die ergriffenen Sanktionen von einem „totalen Krieg“ gegen Russland auf wirtschaftlicher und finanzieller Ebene gesprochen, die Formulierung nach Kritik aber noch am selben Tag zurückgenommen. Im Jahr 1943 hatte NS-Propagandachef Joseph Goebbels in seiner berüchtigten Sportpalastrede zum „totalen Krieg“ aufgerufen.

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Lawrow sagte weiter, Europas Politiker wollten Russland „zerstören, brechen, vernichten, erdrosseln“. „Wenn wir diese Gesetzlosigkeit der Sanktionen sehen, ist natürlich klar, dass all diese Werte, die uns unsere westlichen Kollegen ständig gepredigt haben - nämlich Meinungsfreiheit, Marktwirtschaft und die Unverletzlichkeit des Privateigentums, die Unschuldsvermutung - wertlos sind.“

Wegen Russlands Krieg gegen die Ukraine hatten die sieben führenden demokratischen Wirtschaftsmächte (G7) und die EU am Donnerstag neue Sanktionen vereinbart, die Russland Transaktionen mit Gold deutlich erschweren sollen. Auch die USA verhängten neue Strafmaßnahmen gegen Hunderte Abgeordnete des russischen Parlaments und weitere Mitglieder der russischen Elite.

Die USA kündigten am Freitag zudem an, in diesem Jahr gemeinsam mit internationalen Partnern 15 Milliarden Kubikmeter Flüssigerdgas (LNG) zusätzlich in die EU zu liefern. Langfristig soll die Menge auf 50 Milliarden Kubikmeter pro Jahr steigen. Damit könnte etwa ein Drittel der derzeitigen Gasimporte aus Russland ersetzt werden.

Putin: Kampagne gegen russische Kultur ähnelt Nazi-Vorgehen

Russlands Präsident Wladimir Putin
Russlands Präsident Wladimir Putin

© Mikhail KLIMENTYEV/SPUTNIK/AFP

Auch Wladimir Putin hat westlichen Staaten im Umgang mit Russland Nazi-Methoden vorgeworfen. Bei einem Treffen mit Künstlern und Kulturschaffenden am Freitag sagte der russische Präsident im Bezug auf die Kultur seines Landes: „Das letzte Mal, dass eine solch massive Kampagne zur Vernichtung anstößiger Literatur geführt wurde, war vor fast 90 Jahren von den Nationalsozialisten in Deutschland.“

„Tschaikowski, Schostakowitsch und Rachmaninow werden von Konzertankündigungen genommen, russische Autoren und ihre Bücher werden ebenfalls verbannt“, behauptete Putin und verwies auf die Bücherverbrennungen der Nazis in Hitler-Deutschland. „Heute versuchen sie, ein ganzes tausendjähriges Land, unser Volk zu „canceln““, sagte Putin am Tag des Kulturschaffenden.

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Alles, das mit Russland zusammenhänge, werde diskriminiert, mit Zustimmung der herrschenden Eliten. So kritisierte der 69-Jährige, dass in Hollywood-Filmen so getan werde, als hätten nur die USA Europa vom Hitlerfaschismus im Zweiten Weltkrieg befreit.

Der Mut der Roten Armee hingegen, deren Soldaten einen entscheidenden Beitrag zum Sieg über Hitler geleistet hätten, bleibe außen vor. „Das ist in unserem Land nicht vorstellbar“, sagte Putin in seiner Residenz in Nowo-Ogarjowo bei Moskau.

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Für Russland sei die nationale Kultur untrennbar mit dem Mutterland verbunden, es gebe keinen Platz für Intoleranz. „Die kulturelle Vielfalt ist der Stolz der Gesellschaft, ist Stärke und Vorteil unseres Staates“, sagte der Kremlchef.

Die Ukraine wirft Russland vor, in den besetzten Gebieten unerwünschte ukrainische Literatur aus den Bibliotheken zu nehmen. Russland hingegen beklagt eine Unterdrückung seiner Sprache in der Ukraine. Mehrere kremlnahe russische Künstler wie der Dirigent und Putin-Freund Waleri Gergijew hatten nach dem russischen Angriff auf die Ukraine ihre Engagements in der EU und den USA verloren. Viele haben aber auch Russland verlassen oder sind von ihren Posten zurückgetreten, weil sie Putins Krieg gegen die Ukraine nicht unterstützen. (dpa)

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