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Heiko Maas (SPD), deutscher Außenminister, und Sergej Lawrow, russischer Außenminister, gehen auf die Dachterrasse des Auswärtigen Amtes.

© Kay Nietfeld/pool/dpa

Treffen von Maas und Lawrow in Berlin: Deutsch-russischer Schlagabtausch

Außenminister Heiko Maas mahnt seinen russischen Amtskollegen Sergej Lawrow in Berlin: Eine neue humanitäre Katastrophe in Syrien müsse verhindert werden.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow ist noch nicht in Berlin gelandet, da setzt sein deutscher Amtskollege Heiko Maas (SPD) bereits Ton und Thema für ihr Treffen. In Syrien gehe es darum, „das Schlimmste zu verhindern: eine neue humanitäre Katastrophe“. Im Gespräch mit Lawrow werde er die Erwartung zum Ausdruck bringen, dass es in der Provinz Idlib keine Großoffensive geben dürfe. Moskaus Truppen kämpfen in Syrien auf der Seite von Machthaber Baschar al Assad, Idlib gilt als letzte Hochburg von Assads Gegnern.

Doch am Ende sieht es nicht so aus, als habe Maas seinem Kollegen Zugeständnisse abringen können. Nach dem Gespräch sagt Maas, beim Thema Syrien seien sie „noch nicht einig“ – in der Sprache der Diplomatie deutet das auf einen offenen Konflikt hin. Tatsächlich betont Lawrow, in Syrien müsse der Kampf gegen den Terror „kompromisslos“ fortgesetzt werden. Idlib sei „ein letzter Herd von Terroristen“. Die Risiken für die Zivilbevölkerung müssten „minimiert“ werden, sagt Lawrow – und versichert: „Wir lassen uns immer von völkerrechtlichen Vorschriften leiten, wenn wir irgendwelche Kampfhandlungen führen.“

Diesen Satz will Maas in der Pressekonferenz nicht einfach so stehen lassen. Er mahnt seinen russischen Kollegen ein weiteres Mal. „Wenn sich alle an das humanitäre Völkerrecht halten und an das Chemiewaffenverbot, dann wird es in Idlib keine humanitäre Katastrophe geben.“ In Syrien habe es schon viel zu viele Opfer gegeben, sagt der deutsche Außenminister. Er fordert, man müsse „darauf hinwirken, dass es nicht zu einer großflächigen Offensive kommt, die am Ende zigtausenden Menschen das Leben kostet“. In Idlib sind etwa drei Millionen Menschen durch die Kämpfe eingeschlossen.

Auch im Fall Skripal liegen Positionen weit auseinander

Einen weiteren Schlagabtausch liefern sich die Minister, als es um den Fall Sergej Skripal geht. Der frühere russische Spion und seine Tochter waren im März im britischen Salisbury mit einem chemischen Kampfstoff vergiftet worden. Britische Ermittler machen zwei Russen für die Tat verantwortlich, die dem Militärgeheimdienst GRU angehören sollen. Mit Hilfe der Bilder von Überwachungskameras lässt sich deren Weg von der Einreise am Flughafen bis in die Nähe des Hauses von Skripal nachzeichnen. In einer bizarren Wendung des Falls traten die beiden Männer im russischen Staatssender RT auf. Sie gaben an, beruflich Nahrungsergänzungsmittel für die Fitness-Branche zu verkaufen und als Touristen nach Großbritannien gereist zu sein, um die „berühmte Kathedrale“ in Salisbury zu besichtigen. Wegen des winterlichen Wetters seien sie vorzeitig abgereist.

Maas hatte als Reaktion auf den Fall Skripal die Ausweisung von vier an der russischen Botschaft akkreditierten Geheimdienstlern angeordnet und sich damit an die Seite Großbritanniens und zahlreicher anderer europäischer Länder gestellt. Deutschland habe von Großbritannien eine Vielzahl von Informationen erhalten, betont Maas am Freitag. „Wir haben keinen Anlass, an diesen Informationen zu zweifeln.“ Das will nun Lawrow nicht so stehen lassen. Der britischen Regierung wirft er vor, keine Beweise geliefert zu haben. „Es gibt keine Tatsachen, die man vernünftig besprechen kann.“ London gehe nach dem Prinzip „highly likely“ (höchst wahrscheinlich) vor, doch das führe nicht weiter. Maas jedoch fordert seinen Gesprächspartner indirekt auf, Russland müsse seinen Beitrag zur Aufklärung des Falls leisten.

Lawrow fordert "Renovierung" des europäischen Hauses

In einer Grundsatzrede auf Einladung des Deutsch-Russischen Forums hatte Lawrow zuvor einen Neuanfang im Verhältnis zwischen Europa und Russland gefordert. Er sprach sich für eine „Renovierung des gemeinsamen europäischen Hauses“ aus. Es müssten „Gespräche ohne Vorbedingungen“ über alle Themen geführt werden, die das Verhältnis beider Seiten belasten. Eine entsprechende Initiative wünscht sich Lawrow von Deutschland. Zugleich wiederholte der Außenminister seine grundsätzliche Kritik am Verhalten des Westens im Ukraine-Konflikt.

Angesichts der strittigen politischen Themen trat der Anlass von Lawrows Besuch fast in den Hintergrund. Im Auswärtigen Amt feiern an diesem Tag mehrere hundert Teilnehmer den Abschluss des deutsch-russischen Jahres der kommunalen und regionalen Partnerschaften – und zeigen damit, dass im Alltag der Dialog durchaus gelingt. So endet die Begegnung der Minister in Berlin mit etwas versöhnlicheren Tönen. „Der Austausch zwischen den Menschen unserer Länder lässt uns auf ein engeres Verhältnis in der Zukunft hoffen, auch politisch“, sagt Maas. Aber eben erst in der Zukunft – das wird seinem russischen Kollegen nicht entgangen sein.

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