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Botschafter: Deutsche und Polen ganz sachlich

Churchill hatte doch nicht recht: Überraschend freimütig haben der deutsche Botschafter in Polen und sein polnischer Amtskollege in Deutschland über Macken und Stereotypen im deutsch-polnischen Verhältnis Auskunft gegeben. Damit straften sie den alten Sinnspruch des britischen Kriegspremiers Lügen, Diplomaten seien „Männer, die zweimal nachdenken, bevor sie nichts sagen“.

Berlin - "Ich sage den deutschen Freunden schon mal die Meinung, wenn ich denke, dass etwas falsch läuft", sagte Marek Prawda bei einem Botschaftergespräch am Mittwochabend im Deutschen Historischen Museum und nannte die Ostsee- Pipeline („Warum solch ein Milliarden- Projekt, wo es doch über Land viel billiger geht“) und deutsche Barrieren für polnische Arbeitnehmer als Streitthemen. Sein Kollege Michael Gerdts ließ zwar beim Thema Arbeitnehmerfreizügigkeit eine gewisse Sympathie für die Haltung Prawdas erkennen, verwies aber auf die vielen Ausnahmeregelungen, die es etwa polnischen Akademikern schon jetzt erlaubten, sich in Deutschland niederzulassen. Zudem habe auch Polen mit seiner Beschränkung für den Immobilienkauf für EU-Altbürger „Barrieren aufgebaut“. Kaum Zeit verloren beide über das „leidige“ (Prawda) Thema der Vertriebenen. Prawda warb aber um Verständnis dafür, dass es in Polen eine besondere Sensibilität für Themen wie Kriegsschuld oder Vertreibung gebe. Gerdts nannte einen kürzlichen „Spiegel“-Titel über europäische Mittäter am Nazionalsozialismus und diverse polnische Medientitel zu deutschen Themen „überzeichnet“. Wichtiger für das aktuelle Verhältnis sei die „neue Sachlichkeit“, mit der Polen und Deutsche Politik machten. So mühten sich Außenminister Frank-Walter Steinmeier und sein polnischer Kollege Radoslaw Sikorski kürzlich, gemeinsam in Kiew den politisch Verantwortlichen ins Gewissen zu reden, ihre Grabenkämpfe zu beenden und die Dauerkrise in der Ukraine zu entschärfen. „Das hätte es früher nicht gegeben“, sagte Gerdts. Tsp

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