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Politik: Deutscher Pass darf entzogen werden Bundesverfassungsgericht weist Klage nach Verlust der Staatsbürgerschaft ab

Karlsruhe/Berlin - Erschlichene Einbürgerungen können nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe grundsätzlich zurückgenommen werden. Auch wenn der Entzug zur Staatenlosigkeit führt, ist eine Aberkennung möglich.

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Karlsruhe/Berlin - Erschlichene Einbürgerungen können nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe grundsätzlich zurückgenommen werden. Auch wenn der Entzug zur Staatenlosigkeit führt, ist eine Aberkennung möglich. Mit dem am Mittwoch verkündeten Urteil wies das Gericht die Verfassungsbeschwerde eines aus Nigeria stammenden Mannes zurück. Der mit einer Deutschen verheiratete Mann hatte im Jahr 2000 die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten. Zum Beleg seiner Unterhaltsfähigkeit legte er die Lohnbescheinigung einer Hanauer Gerüstfirma vor. Tatsächlich arbeitete dort ein anderer unter seinem Namen. Als er wegen Drogenhandels zu drei Jahren Haft verurteilt wurde, flog die Täuschung auf. Daraufhin nahmen die Pforzheimer Behörden 2002 die Einbürgerung zurück.

Zwar schreibt das Grundgesetz in Artikel 16 vor, dass die Staatsbürgerschaft nicht entzogen werden darf. Die Verfassungsrichter urteilten nun aber, dass das Verbot sich nicht auf Fälle beziehe, in denen der Erwerb von vornherein missbräuchlich war. Auch der Schutz vor Staatenlosigkeit stehe dem nicht entgegen. In diesem Punkt erging das Urteil mit zwei zu sechs Stimmen. Ein Patt herrschte im Zweiten Senat in der Frage, auf welcher Rechtsgrundlage die Rücknahme erfolgen kann. Bislang werden Vorschriften im Verwaltungsverfahrensrecht herangezogen. Vier der acht Richter genügten diese. Nur wenn die Täuschung erst Jahre später entdeckt werde oder Kinder mitbetroffen seien, müsse ein Gesetz verabschiedet werden. Vier hielten dagegen die geltende Regelung für unzureichend. (AZ: 2 BvR 669/04) Der Kläger wird nach Angaben seines Anwalts zwar nicht ausgewiesen, er werde aber keine Arbeitserlaubnis mehr bekommen.

Unions-Politiker lobten das Urteil. Das Innenministerium hält die derzeitige Praxis damit für gedeckt. Dagegen hat der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Sebastian Edathy (SPD), Bedenken. „Spiegel-Online“ sagte er, das Problem werde aufgeworfen, weil die deutschen Behörden von Einbürgerungswilligen erwarten, ihren alten Pass abzugeben. Die Parteivorsitzende der Grünen, Claudia Roth, sagte dem Tagesspiegel: „Diese Entscheidung ist sehr hart. Damit können Menschen jetzt zur Staatenlosigkeit verdammt werden. Es besteht die Gefahr, dass diese Entscheidung Wasser auf die Mühlen derer gibt, die meinen, man würde in Deutschland die Staatsbürgerschaft hinterhergeworfen bekommen.“

Nach Angaben des Bundesinnenministeriums gab es zwischen 2002 und 2005 bei 422 431 Einbürgerungen 84 rechtskräftige Rücknahmen. In vier Fällen entzogen die Behörden in Baden-Württemberg die Staatsbürgerschaft. 20 Fälle laufen noch. In Bayern gab es seit 2002 sieben Rücknahmen, sieben Fälle sind nicht abgeschlossen, in Nordrhein-Westfalen gab es 20 Rücknahmen, in Hessen zwölf.

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