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Konstituierende Sitzung des Bundestages: Die AfD hat kaum Chancen auf das Amt des Bundestagsvizes
Am Dienstag werden die Bundestagsvizepräsidenten gewählt. Die Union nominierte eine Konsenskandidatin, der AfD-Mann wird wohl durchfallen.
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Eigentlich gibt es für die AfD wenig Anlass zum Optimismus: Sechs ihrer Kandidaten für das Amt des Bundestagsvizepräsidenten sind in den vergangenen Jahren gescheitert. Doch jetzt, in der neuen Legislatur, geben sich die Rechten wieder zuversichtlich. Am Montagvormittag sitzt Michael Kaufmann im Fraktionssitzungssaal und erklärt, er habe das Amt seit 2019 im Thüringer Landtag „ohne Skandale“ und „völlig neutral“ geführt. „Wie ein Schiedsrichter im Sport“ – so sehe er die Aufgabe.
Bei den anderen Fraktionen rechnet dagegen kaum jemand damit, dass der 57-jährige Hochschulprofessor gewählt wird. Sein Thüringer Landesverband wird vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft. Die immer wiederkehrende Kontroverse um die AfD-Kandidaten zeigt aber, wie bedeutsam das Amt des Bundestagspräsidenten und seiner Stellvertreter ist. Sie leiten die Sitzung, können zur Ordnung rufen, das Wort entziehen, sogar jemanden des Saals verweisen. Nach außen hin repräsentieren sie den Bundestag.
Würde der AfD-Vize Grenzüberschreitungen ahnden?
Bei der konstituierenden Sitzung an diesem Dienstag werden die Posten neu besetzt. Dabei steht der SPD als stärkster Kraft das Amt des Bundestagspräsidenten zu, alle Fraktionen können je einen Stellvertreter vorschlagen.
Das gilt auch für die AfD. Aber jeder Parlamentarier hat auch das Recht, diesen Personalvorschlag abzulehnen. Viele Abgeordneten befürchten, ein Vizepräsident der AfD würde die Plenarsitzungen im Sinne der Rechten leiten und Grenzüberschreitungen nicht ahnden.
Hätte Kaufmann als Vizepräsident der AfD-Fraktionsvorsitzenden Alice Weidel einen Ordnungsruf gegeben für ihre abfällige Formulierung „Burkas, Kopftuchmädchen, alimentierte Messermänner und sonstige Taugenichtse“? Darauf will Kaufmann am Montag keine Antwort geben. Was ist mit dem Vorfall 2020, als die AfD am Tag der Abstimmung zum Infektionsschutzgesetz provozierte und im Plenum Schilder hochhielt mit Trauerflor und der Aufschrift „Grundgesetz“? Solche Aktionen sind im Bundestag verboten. Kaufmann sagt: „Meine Aufgabe ist es, die Geschäftsordnung durchzusetzen.“
Reichen wird diese Beteuerung kaum. Der SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich verwies darauf, dass sich die AfD in der vergangenen Legislaturperiode weiter radikalisiert habe und Kaufmann aus dem besonders extremen Landesverband Thüringen stammt.
Konsenskandidatin für die Union
Auch bei der Union wurde vorab um das Amt des Bundestagsvizepräsidenten gerungen – allerdings intern. Da sie nun voraussichtlich vier Jahre in der Opposition verbringen wird, hat sie nicht mehr viele Posten zu vergeben. Die wenigen übrig gebliebenen sind heiß begehrt.
Im Vorfeld hatte man bei der Union befürchtet, es könne zu einer Kampfkandidatur kommen. Wie es hieß, hatten der Parlamentarische Geschäftsführer Michael Grosse-Brömer, Kulturstaatsministerin Monika Grütters sowie die Integrationsbeauftragte Annette Widmann-Mauz Interesse angemeldet. Vor Beginn ihrer Fraktionssitzung am Montag einigte man sich bei der Unionsfraktionsspitze allerdings auf eine Konsenskandidatin. Dabei handelt es sich um die 41-jährige Yvonne Magwas. Die Abgeordnete aus dem sächsischen Vogtland ist die Vorsitzende der Gruppe der Frauen in der Unionsfraktion. Sei sei eine erfahrene Parlamentarierin und stehe als Mutter „mitten im Leben“, hieß es.
SPD bekommt als stärkste Fraktion zwei Posten
Für die FDP-Fraktion wird Wolfgang Kubicki ins Rennen gehen, der auch schon in der vergangenen Legislaturperiode das Amt des Bundestagsvizepräsidenten innehatte. Er könnte der einzige Mann im neuen Bundestagspräsidium werden. Die SPD als stärkste Fraktion nominierte für den Posten der Bundestagspräsidentin ihre bisherige Vizefraktionschefin Bärbel Bas. Als Stellvertreterin stellten die Sozialdemokraten die 54-Jährige Aydan Özoguz auf. Sie zog 2009 erstmals in den Bundestag ein.
Die Grünen wollen, dass ihre bisherige Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth den Job weiter macht. Die frühere Parteichefin hatte den Posten 2013 übernommen, nachdem die Grünen bei der Bundestagswahl eher mager abgeschnitten hatten. Auch die Kandidatin der Linken ist ein bekanntes Gesicht: Die 58-jährige Petra Pau bekleidet ihr Amt seit 2006 – und ist damit die Dienstälteste in der Riege der Vizes. Die frühere PDS-Politikerin wurde damals in das Amt gewählt, nachdem der ursprüngliche Linken-Kandidat, der damalige Parteichef Lothar Bisky, wegen der gegen ihn erhobenen Stasi-Vorwürfe mehrmals durchgefallen war.
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