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AfD-Anhänger jubeln nach den ersten Prognosen bei der Wahlparty zur hessischen Landtagswahl.

© dpa

Landtagswahl in Hessen: Die AfD sitzt jetzt in allen Landtagen

Die AfD feiert sich für ihren Einzug in den hessischen Landtag. Dennoch hatte sie sich mehr vorgenommen.

Die Wahlkämpfer der AfD jubeln. „Wir haben die Serie“, ruft einer. Dann wird die Nationalhymne angestimmt, einige schwenken Deutschlandfahnen. Dass die AfD mit einem zweistelligen Ergebnis in den hessischen Landtag eingezogen ist, löst in der Partei Euphorie aus. „Mission completed“ – Mission erfüllt – ruft Parteichef Jörg Meuthen den AfD-Mitgliedern auf der Wahlparty zu.

Tatsächlich ist der fünfeinhalb Jahre alten AfD etwas gelungen, das Linken, Grünen und FDP derzeit nicht vergönnt ist: Die Rechtspopulisten sitzen nun in allen 16 deutschen Landtagen. Vor fünf Jahren war der AfD der Einzug in den hessischen Landtag noch knapp misslungen. Doch seitdem ist sie in keinem Bundesland mehr an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. Nun ist der Durchmarsch abgeschlossen.

Der Jubel der Partei täuscht allerdings darüber hinweg, dass sie ihr selbst gestecktes Ziel nicht erreicht hat. „15 Prozent plus X“ – das war die Ansage, die Landeschef Robert Lambrou immer wieder gemacht hatte. Wie in Bayern sind die Rechtspopulisten in Hessen hinter den eigenen Erwartungen zurückgeblieben. Während im Osten die Umfragewerte der AfD mit oft mehr als 20 Prozent sehr hoch sind, scheint sie im Westen der Republik nun an ihre Grenzen zu stoßen.

Bouffier bezeichnete AfD als „Erbschleicher“

In Hessen, dem Gründungsland der AfD, hatten die Rechtspopulisten versucht, die Wahl zu einer Abstimmung über die große Koalition in Berlin zu stilisieren. AfD-Fraktionschefin Alice Weidel hatte noch am Wahltag dazu aufgerufen, das Ende der Groko per Hessenwahl einzuläuten. Die Partei setzte klar auf Protestwähler, versuchte gleichzeitig ein konservativ-bürgerliches Publikum anzusprechen. Ministerpräsident Volker Bouffier bezeichnete die AfD kürzlich als „Erbschleicher“, weil Parteichef Alexander Gauland behauptet haben soll, der hessische CDU-Konservative Alfred Dregger würde heute AfD wählen. Das gleiche hatte die AfD in Bayern schon von CSU-Legende Franz Josef Strauß behauptet.

Bei der AfD-Wahlparty: AfD-Chef Jörg Meuthen mit seiner Frau und Klaus Herrmann, dem AfD-Co-Landeschef in Hessen.

© dpa

Insgesamt sind laut Forschungsgruppe Wahlen gut ein Viertel der AfD-Wähler ehemalige CDU-Wähler, etwa 19 Prozent waren vorher Nichtwähler. Dass die AfD nicht noch mehr Wähler für sich gewinnen konnte, könnte zum einen daran liegen, dass sich viele Wähler abgeschreckt fühlten von rechtsextremen Umtrieben an der Parteibasis und radikaler Wortwahl an der Spitze der Bundespartei.

Ein scheinbar oft lustloser Spitzenkandidat

Zum anderen ist die AfD mittlerweile erfolgsverwöhnt. Landeschef Lambrou ließ verlauten, dass der Partei auch ohne Wahlkampf der Einzug in den Landtag sicher gewesen wäre. Das mag zwar richtig sein – viele AfD-Wähler entscheiden sich nicht wegen der Landespolitik, sondern wegen der Bundespolitik für die Partei. Doch es sagt auch etwas über die Haltung aus, mit der die AfD in Hessen Wahlkampf machte. Spitzenkandidat Rainer Rahn, der zwei medizinische Doktortitel hat und gerne Comic-Krawatten trägt, sollte der AfD ein bürgerliches Gesicht geben. Er wirkte aber oft eher mürrisch und lustlos. Da ist zum Beispiel die Anekdote, wie Rahn an einem Wähler-„Blind Date“ des „Hessischen Rundfunks“ teilnehmen sollte. Er wurde, ohne den Zielort zu kennen, ins Frankfurter Umland gefahren. Aber nach einer Stunde Fahrtzeit war es ihm genug, er wollte zurück. „Scheiße“ fände er das alles, sagte er. Der Termin platzte.

Zuguterletzt dürfte es den Rechtspopulisten geschadet haben, dass sich die anderen Parteien im Gegensatz zu Bayern nicht ständig an der AfD abarbeiteten und sie so auch nicht in den Mittelpunkt stellten. Die AfD setzte kaum landespolitische Akzente. „Kreuzpflicht für Hessen“ lautete ihr wichtigster Slogan – gemeint war das Kreuz auf dem Wahlzettel. Spitzenkandidat Rahn spielt bei Wahlkampfveranstaltungen gern auf der gewohnten AfD-Klaviatur. „Die Mutter aller Probleme ist natürlich Frau Merkel“, sagte er. Für ein zweistelliges Ergebnis hat das gereicht.

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