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DNA-Analyse im Labor des Landeskriminalamt für DNA-Extraktion in Stuttgart.

© dpa

Kriminalitätsbekämpfung: Die DNA ist ein Zeuge, der zu viel weiß

Den Einsatz von Gen-Tests bei der Verbrecherjagd auszuweiten, kann sinnvoll sein - aber nur, wenn das Verfahren technisch sicher ist. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Jost Müller-Neuhof

Es ist wie häufig der falsche Fall, an dem die richtige Diskussion aufgehängt wird. Weil eine DNA-Spur den mutmaßlichen Mörder einer Freiburger Studentin verriet, soll die genetische Erkennung auf breiterer Front eingesetzt werden als bisher. In Baden-Württemberg sprachen sich Politiker dafür aus, der Chef des Landeskriminalamts sagte den bezeichnenden Satz: „Die DNA ist ein stummer Zeuge – ein Zeuge wie jeder andere auch.“ So einfach, so schwierig.

Bisher ist die DNA-Abnahme nur zur Feststellung oder zum Abgleich der Identität erlaubt. Im Freiburger Fall war es ein Haar, fast 20 Zentimeter lang, dessen DNA mit der eines Verdächtigen übereinstimmte. Für diesen Treffer genügten die vorhandenen Gesetze. Aber davor stand klassische Ermittlungsarbeit. Tagelang sichteten Kriminalbeamte Videos einer Straßenbahnlinie, bis die passende Frisur ins Blickfeld kam. Geht es nicht einfacher?

Der laut Prozessordnung bisher einzig erlaubte Datenzugriff bezieht sich auf den sogenannten nicht codierenden Teil der DNA, der Identifizierungsmuster bietet, ohne Angaben zu weiteren Erkennungsmerkmalen zu liefern, etwa Augenfarbe. Das Bundesverfassungsgericht sieht darin eine Nähe zum Fingerabdruck und deshalb auch keinen Eingriff in den absolut geschützten Kernbereich der Persönlichkeit, während es den Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung als noch verhältnismäßig anerkennt.

Ähnlich könnte es urteilen, wenn die DNA-Analyse behutsam ausgeweitet wird. So wäre es zum Beispiel möglich, auch die Feststellung von Verwandtschaftsverhältnissen zwischen Spurenverursacher und Probengeber zuzulassen, um den Täterkreis weiter einschränken zu können – ein Plan, den Justizminister Heiko Maas schon in der Schublade hat. Das Beispiel zeigt aber auch, dass die DNA in der Kriminalitätsbekämpfung mehr ist als ein „stummer Zeuge“, der gleichsam objektiv äußere Merkmale eines Täters beschreiben kann. Es geht hier schnell um Innerstes, wozu auch Abstammung und Herkunft gehören können.

Vorsicht ist angebracht, und Warnungen vor diskriminierender Kriminalpolitik sind berechtigt. Herkunft ist in der aktuellen Diskussion für viele der Schlüsselbegriff für erfolgreiche Prävention – als habe Straffälligkeit ethnische Ursachen. Doch das bleibt ein Irrtum.

Die DNA-Analyse wird in der Verbrechensbekämpfung absehbar wichtiger werden, weshalb der Gesetzgeber gut daran tut, sich vorzutasten. Mehr als auf die grundrechtliche oder ethische Dimension wird es dabei darauf ankommen, juristische Kategorien erst dann zu fixieren, wenn die Aussagen technisch absolut zuverlässig und sinnvoll verwertbar sind. Die Methode von Versuch und Irrtum kann man sich auf diesem sensiblen Gebiet nicht leisten. Ohnehin kann die Technik bestehende Methoden nur ergänzen. Nicht ersetzen.

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