
© dpa/Michael Kappeler
Die FDP – kommt da noch was?: Wenn sie doch nur liberal wäre
Die Wahl in NRW zeigt, wie eine Partei in Vergessenheit geraten kann. Keine guten Aussichten für die kommenden Wahlen – wenn die FDP ihr Angebot nicht verbreitert.

Stand:
Nur ein Prozent der Menschen sehen Deutschland für die Zukunft gut gerüstet, wenige glauben, dass die aktuelle Regierung daran etwas ändern wird – der Befund vor dem „Herbst der Reformen“. Der kommt. Denn wenn die Kommunalwahl in NRW eines gezeigt hat, dann: Es kann nicht bleiben, wie es ist. Das werden Schwarz und Rot doch wohl verstanden haben.
Bessere Aussichten für die Bürger – nicht die besten für die FDP. Weil sie darauf setzt, dass es nicht wirklich gut wird. Ja, die FDP; die gibt es immer noch. Obwohl: Im Land, in dem sie früher groß war, ist sie jetzt die „Fast-Drei-Prozent“-Partei.
Welche Namen sich mit ihr in NRW verbanden! Otto Graf Lambsdorff, Hans-Dietrich Genscher, Gerhart Baum, Burkhard Hirsch – Helden ihrer Zeit, einer auch liberalen. Ja, und Christian Lindner. Wie der die FDP von ganz unten, wo sie schon einmal war, in Landtage zurück hievte, in den Bundestag, die Regierung: sein bleibendes Verdienst.
Nur der Liberalismus geriet in Vergessenheit, wie die FDP mit jeder Wahl mehr. Dass er schnell zurückkehrt, ist diesmal nicht gewiss. Wenn je: Die bevorstehenden Wahlen, im Osten wie im Westen, versprechen keine großen Erfolge.
Liberalismus folgt nicht schlicht interessenbedingten Gründen, sondern ist eine politische Ordnungslehre.
Stephan-Andreas Casdorff, Editor-at-Large
Das politische Angebot ist dürr. „Radikale Mitte“, radikal besonders für die Marktwirtschaft – das reicht nicht. Wie oft noch: Liberalismus ist nicht Dominanz der Beliebigkeit! Ist nicht, selbstgewiss zu reden. Liberalismus folgt nicht schlicht interessenbedingten Gründen, sondern ist eine politische Ordnungslehre.
Es gibt darin nicht letzte politische Lösungen. Kritisches Bestreiten des Gültigen wird begleitet von der Bereitschaft, anzuerkennen, dass die Wahrheit von heute den Irrtum von morgen umschließt. Mehr noch, Liberalismus ist nicht Freiheit und Würde einer Schicht, sondern persönliche Freiheit und Menschenwürde der größtmöglichen Zahl.
In dem Sinne: Die Wirtschaft wird angekurbelt werden, auch ohne die FDP, da helfen die Sonderschulden. Und für Sozialreformen, die das Soziale stärken, ist die Partei bisher nicht bekannt. Bürgerrechte? Das war einmal. Gerhart Baum – seine, so eine Stimme fehlt. Sie brächte auch Stimmen.
Darum wäre der FDP zu wünschen, dass sich eine Stimme für den Liberalismus erhebt.
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