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Rebellenführer Khalifa Haftar könnte als gekränkter Wahlverlierer seine Kämpfer gegen den Wahlsieger mobilisieren, befürchten Beobachter.

© Abdullah Doma /AFP

Kein Plan, kein Konsens und zwielichtige Kandidaten: Die geplante Wahl in Libyen könnte den Frieden im Land gefährden

Mittlerweile zweifeln selbst einige Präsidentschaftskandidaten, dass die Wahl stattfindet. Doch die UN halten an dem Termin fest.

Wenige Tage vor einem Wahltermin läuft normalerweise die heiße Phase eines Wahlkampfes –in Libyen hingegen laufen Diskussionen darüber, ob die Wahl überhaupt stattfinden wird. Sie sollte ursprünglich am 24. Dezember abgehalten werden, doch ein Gericht im westlibyschen Misrata erklärte die Kandidatenliste der Wahlkommission jetzt für ungültig.

Dieser Rechtsstreit wirft nicht nur die Frage auf, ob die Libyer am Heiligabend ihren Präsidenten und ihr Parlament wählen werden. Ursprünglich als Beitrag zur Befriedung des Bürgerkriegslandes gedacht, könnte die Wahl – wenn sie denn stattfindet – zum Ausgangspunkt neuer Gewalt werden.

Libyen hat seit dem Sturz von Diktator Muammar Gaddafi vor zehn Jahren keine landesweit funktionierende Regierung mehr. Milizen und ausländische Söldner im Ost- und im Westteil des Landes ringen um Einfluss. Die UNO hatte im vergangenen Jahr einen Waffenstillstand durchgesetzt und im Februar die Bildung einer Übergangsregierung organisiert.

Diese soll nun nach der Wahl die Macht an eine demokratisch gewählte Führung übergeben. Europäische Staaten unterstützen den Plan, weil sie auf eine Eindämmung der Wanderungsbewegung aus Libyen über das Mittelmeer hoffen.

Umstrittene Präsidentschaftskandidaten könnten Frieden aufs Spiel setzen

Doch die Wahl könnte die Spaltung des Landes verschlimmern statt heilen. Einige der prominentesten Kandidaten sind so umstritten, dass sie im Falle eines Sieges in großen Teil des Landes als Staatschef nicht akzeptiert würden. Rebellengeneral Khalifa Haftar etwa hat viele Anhänger im Osten Libyens, ist im Westen aber verhasst.

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Diktatoren-Sohn Saif al-Islam Gaddafi setzte seine zunächst abgelehnte Kandidatur zwar per Gericht durch, ist für viele Libyer als Repräsentant des früheren Gewaltregimes aber unannehmbar. Übergangspremier Abdulhamid Dbeibah bewirbt sich um das Präsidentenamt, obwohl Mitglieder der Übergangsregierung nicht antreten dürfen.

Um die Einwanderung aus Libyen über das Mittelmeer einzudämmen, befürwortet Europa eine Demokratisierung Libyens.
Um die Einwanderung aus Libyen über das Mittelmeer einzudämmen, befürwortet Europa eine Demokratisierung Libyens.

© picture alliance/dpa/AP

Ebenso wenig Konsens gibt es über die gesetzlichen Grundlagen der Wahl. Das Wahlgesetz wurde im September von Aguila Saleh, dem Präsidenten des im Osten Libyens tagenden Parlaments, im Alleingang in Kraft gesetzt; Saleh ist ein Verbündeter von Rebellengeneral Haftar, dem mächtigsten Kriegsfürsten des Landes.

Das Gesetz gibt Haftar die Möglichkeit, General zu bleiben, wenn er die Wahl verliert: In diesem Fall würde sich der Wahlsieger den starken Truppen des Wahlverlierers gegenübersehen. Saleh selbst bewirbt sich ebenfalls um das Präsidentenamt.

Vom offiziellen Wahltermin will dennoch niemand abrücken

Trotz allem halten die libyschen Behörden und die UNO offiziell am Wahltermin fest. Die Libyen-Beraterin von UN-Generalsekretär Antonio Guterres, die US-Diplomatin Stephanie Williams, traf sich in den vergangenen Tagen mit mehreren Präsidentschaftskandidaten, um über die Wahl zu reden. Zum Wahltermin äußerte sie sich in der Öffentlichkeit nicht.

Zumindest einige Kandidaten und Verantwortliche sehen keine Chance mehr für die Wahl am Freitag. Eine Gruppe von 17 der insgesamt fast 100 Präsidentschaftskandidaten erklärte am Montag, sie glaubten nicht mehr an eine Wahl am geplanten Termin. Auch Abu Bakr Marada, ein Mitglied der Wahlkommission, sagte dem Sender Al-Daschira, es sei unmöglich, den Termin einzuhalten.

Eine der offenen Fragen ist, wie die vielen Milizenchefs und bewaffneten Gruppen im Land dazu gebracht werden können, ein Ergebnis anzuerkennen, dass ihnen gegen den Strich geht. Viele Beobachter befürchten, dass die Wahl einen neuen Krieg statt Frieden bringen könnte. Örtliche Scharmützel in den vergangenen Tagen könnten ein Warnzeichen sein.

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