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Politik: Die Grünen wollen ein „Ende ohne Chaos“

Koalitionspartner warnt SPD vor einem Rosenkrieg Ärger über Schröder / Letzte Gesetze auf dem Weg

Berlin - Trotz massiven Unmuts auf Seiten der Grünen im Koalitionsausschuss bestehen Bundeskanzler Gerhard Schröder und Parteichef Franz Müntefering (beide SPD) darauf, das Verfahren zur Vertrauensfrage am 1. Juli im Bundestag nicht vorab publik zu machen. Die Grünen-Führung hatte die Entscheidung des Kanzlers offenbar nur widerwillig akzeptiert. Schröder sagte nach Angaben von Teilnehmern in der SPD-Fraktionssitzung, er und Müntefering wüssten, wie vorgegangen werden solle. Er wolle aber nicht, dass dieser Weg zerredet werde. Nach dem Treffen des Koalitionsausschusses hatte Müntefering erklärt, die Entscheidung über Einzelheiten des Verfahrens sei Sache des Kanzlers. Schröder werde das Vorgehen „rechtzeitig“ mit Außenminister Joschka Fischer besprechen.

Es habe im Koalitionsausschuss für Schröders Vorgehen „keine Blumen“ gegeben, sagte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. Beide Seiten hätten aber deutlich gemacht, dass es keinen großen Streit geben solle. Angesichts der erfolgreichen sieben Jahre solle es bis zur Neuwahl „nicht zu einem Rosenkrieg“ kommen. Es gehe nun darum, die gemeinsame Arbeit „geordnet und ohne Chaos zu Ende zu bringen“. Fischer hatte bei einem Treffen der Grünen-Führung mit den Landesvorständen an seine Partei appelliert, die Erfolge in der Regierung nicht infrage zu stellen. Die Grünen trügen jedenfalls keine Schuld am bevorstehenden Ende der Koalition, machte der Außenminister nach Teilnehmerangaben deutlich.

Dennoch übten einzelne Grünen-Politiker am Dienstag heftige Kritik an Schröders Vorgehen. So erklärte der Berliner Grünen-Abgeordnete Werner Schulz, er rechne damit, „dass der Kanzler am 1. Juli eine Regierungserklärung abgeben und dann zurücktreten wird, um so den Weg für Neuwahlen frei zu machen“. Dem Tagesspiegel sagte er: „Das wäre verfassungsmäßig die sauberste Lösung.“ Fraktionsvize Hans-Christian Ströbele forderte, den Bundestag spätestens in der kommenden Woche über das geplante Verfahren der Vertrauensfrage in Kenntnis zu setzen: „Wenn man das Parlament ernst nimmt, muss man es rechtzeitig informieren.“ Ähnlich hatten sich auch andere Grünen-Abgeordnete geäußert.

Kritik am Vorgehen des Kanzlers kam auch von der Opposition. Bundestagsvizepräsident Hermann Otto Solms (FDP) warf Schröder vor, den Bundespräsidenten, aber auch den Bundestag durch sein Verhalten unter Druck zu setzen. Der Kanzler könne nicht weitere vier Wochen lang so tun, als ob er das Vertrauen seiner Koalition im Parlament habe und dann „urplötzlich“ am 1. Juli das Gegenteil beweisen wollen, sagte er dem Tagesspiegel. „Schröder muss unverzüglich zurücktreten oder die Vertrauensfrage im Bundestag stellen“, forderte Solms.

Die Koalitionsrunde verabredete, auf die geplanten Gesetze zur Verringerung des Fluglärms und zur Beschleunigung der Genehmigungen von Verkehrs- und Bauprojekten zu verzichten. Weiter verfolgen will die Koalition aber das Gesetz zur Senkung der Unternehmensteuer und zur Reform der Erbschaftsteuer. Allerdings gibt es wegen der offenen Gegenfinanzierung gegen beide Vorhaben starke Vorbehalte sowohl im unionsdominierten Bundesrat als auch bei den Grünen und in Teilen der SPD. Müntefering und Grünen-Chefin Claudia Roth zeigten sich deshalb skeptisch, ob beide Projekte noch verabschiedet werden könnten.

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