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„Die Lage ist schwierig“: Merz sorgt sich um die Wirtschaft Deutschlands
In der Koalition mit der SPD muss weiter Vertrauen aufgebaut werden, sagt Kanzler Merz. Wichtige Entscheidungen stünden an: etwa zum Bürgergeld und zur Haltung zum EU-Verbrennerverbot.
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Bundeskanzler Friedrich Merz sieht die schwarz-rote Koalition noch vor großen Aufgaben. Mit Blick vor allem auf die wirtschaftliche Schwäche Deutschlands sagte der CDU-Chef beim ntv-Talk „Pinar Atalay“: „Die Lage ist schwierig.“ Auch zum Verbot neuer Verbrenner-Autos in der EU ab 2035 hat er eine klare Meinung.
Merz sagte weiter: „Ich hätte mir schon vorstellen können, dass wir manche Entscheidungen früher getroffen hätten.“ In der Koalition mit den Sozialdemokraten sei es nicht einfach. Die SPD werde aber umgekehrt sagen, mit CDU und CSU sei es nicht einfach. Eine Koalition müsse sich zusammenfinden. Es müsse weiter Vertrauen aufgebaut werden.
Meine klare Vorstellung ist, dass wir dieses sogenannte Verbrennerverbot in der Form nicht aufrechterhalten.
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU)
Merz sagte, die strukturelle Wachstumskrise der Volkswirtschaft mache ihm im Augenblick innenpolitisch am meisten Sorgen. Im Juni sei die Stimmung in Deutschland besser gewesen als jetzt. Die Regierung habe einiges auf den Weg gebracht. Dies habe aber bisher nicht auf den Arbeitsmarkt und das Wachstum durchgegriffen. „Es muss noch vieles kommen.“
Bei Bürgergeld kurz vor Entscheidung
Merz bekräftigte, dass Union und SPD kurz vor einer Verständigung bei der Reform des Bürgergeldes stehen. „Wir sind noch nicht ganz am Ziel.“ Man spreche im Augenblick darüber, was man den Betroffenen zumuten könne, die sich nicht an einer Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt beteiligen.
Der Kanzler sprach von einem ersten Teil eines größten Gesetzgebungspakets, der zweite Teil komme nächstes Jahr. Dabei gehe es darum, kriminelle Strukturen, die sich um diese Sozialleistungen herum entwickelt hätten, in den Blick nehmen. Das werde aber eine etwas weitergehende Gesetzgebung.
Merz will EU-Verbrennerverbot kippen
Zudem sprach sich Merz erneut für eine Abschaffung des Verbots neuer Verbrenner-Autos in der EU ab 2035 aus. „Meine klare Vorstellung ist, dass wir dieses sogenannte Verbrennerverbot in der Form nicht aufrechterhalten“, sagte er. Es gehe um Technologieoffenheit. „Ich möchte nicht, dass Deutschland zu den Ländern gehört, die an diesem falschen Verbot festhalten.“ Das Thema sei aber in der Koalition noch nicht ausdiskutiert.
SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf sagte, für ihn stehe das Verbrenner-Aus 2035 nicht infrage. Es gehe um Planungssicherheit. Ähnlich äußerte sich Umweltminister Carsten Schneider (SPD). 2022 war beschlossen worden, dass ab dem Jahr 2035 in der EU keine neuen Autos mit Benzin- oder Dieselmotor mehr zugelassen werden sollen. Ziel ist es, die CO₂-Emissionen im Verkehrssektor zu senken. Die Union will das Verbrenner-Aus kippen.
Merz sagte bei ntv, Verbrenner würden zum Beispiel bei Lastwagen weiter gebraucht. Es gehe auch um die Motorenforschung. „Auf der Welt wird weiter geforscht und entwickelt, auch an schweren Dieselmotoren. Ich möchte, dass die Bundesrepublik Deutschland, dass unsere Industrie daran weiter teilnimmt. Und deswegen ist das Verbot falsch. Wir werden möglicherweise in einigen Jahren synthetische Kraftstoffe sehen, mit denen man diese Verbrennermotoren umweltfreundlich weiter betreiben kann“, so Merz. „Wir sollten nicht verbieten, wir sollten Technologien ermöglichen, und das ist mein Ziel.“
An einem Treffen am Donnerstag im Kanzleramt zur Lage der Autobranche nehmen neben mehreren Bundesministern Vertreter von Bundesländern, der Autoindustrie sowie von Gewerkschaften teil. Die Autobranche hat mit einer Absatzflaute, Konkurrenz aus China und dem Wandel zur E-Mobilität zu kämpfen. Dazu kommt der Zollstreit mit den USA. Viele Unternehmen fahren einen Sparkurs und bauen Stellen ab.
Merz sagte weiter mit Blick auf die gesamte Industrie: „Wir haben es übertrieben mit den Arbeitskosten, wir haben es übertrieben mit zum Beispiel den Kosten auch der Transformation.“ Die Industrie sei nicht an der Belastungsgrenze angekommen – „sie ist darüber hinaus“. (dpa)
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