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Eine Frau gibt in einer Wahlkabine der Briefwahlstelle im Neuen Rathaus in Hannover ihre Stimme für die Bundestagswahl 2025 ab.

© dpa/Julian Stratenschulte

Die Macht der Alten und Reichen: Wer in Deutschland wählen darf – und davon Gebrauch macht

Fast 60 Millionen Menschen sind am Sonntag zur Wahl aufgerufen. Über 40 Prozent davon sind 60 Jahre oder älter – und wählen häufiger als jüngere Menschen. Auch das Einkommen ist entscheidend.

Stand:

Zum 21. Mal sind am Sonntag die Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik zur Wahl eines neuen Bundestages aufgerufen. Wohlgemerkt nicht alle 84 Millionen hier lebenden Menschen. Wahlberechtigt sind laut Statistischem Bundesamt dieses Mal 59,2 Millionen. Das sind etwas weniger als bei den letzten beiden Wahlen.

Doch wie setzt sich die Gruppe der Wahlberechtigten zusammen und wer macht von seinem Recht am ehesten Gebrauch? Einige Fakten zur sozialen Repräsentativität der Wahlbeteiligung in Deutschland.

1 Generation 60 Plus stellt 42 Prozent der Wahlberechtigten

Deutschland altert. Was sich auf dem Arbeitsmarkt oder bei der Rente bemerkbar macht, spiegelt sich auch in der wahlberechtigten Bevölkerung wider – und zwar deutlich: 42,2 Prozent der zur Wahl aufgerufenen Menschen sind laut Statistischem Bundesamt mindestens 60 Jahre alt. Zum Vergleich: Ihr Bevölkerungsanteil liegt bei unter 30 Prozent.

Die größte Wählergruppe machen mit 23,2 Prozent dabei über 70-Jährige aus. Weitere 18,9 Prozent sind jünger, aber maximal 60 Jahre alt. Aus der Generation 60 Plus sind damit dreimal mehr Menschen wahlberechtigt als aus der Gruppe der unter 30-Jährigen (13,2 Prozent). 30,5 Prozent der Menschen hierzulande sind maximal 30 Jahre alt. Der Großteil davon darf bei Bundestagswahlen allerdings nicht wählen, da man laut Artikel 38 Absatz 2 Grundgesetz volljährig sein muss.

2 Fast zehn Millionen Volljährige dürfen nicht wählen

Doch selbst bei den über 69 Millionen Menschen, die ihr 18. Lebensjahr bereits vollendet haben, sind nicht alle wahlberechtigt. Laut Mikrozensus trifft das nur auf 85 Prozent dieser Gruppe zu. Der Grund: In Deutschland leben mittlerweile über 17 Millionen Menschen mit Einwanderungsgeschichte. Darunter zählen die Statistiker Menschen, die selbst eingewandert sind oder wessen Eltern seit dem Jahr 1950 eingewandert sind.

Von den Menschen mit Einwanderungsgeschichte sind nur 41,4 Prozent wahlberechtigt. Anders gesagt: 9,96 Millionen Menschen leben hier, sind volljährig – dürfen aber trotzdem nicht über die Zusammensetzung des nächsten Bundestages mitentscheiden. Das Wahlrecht ist hierzulande an den Staatsbürgerstatus gebunden. Übrigens nicht nur das aktive, sondern auch das passive Wahlrecht: Laut Parteiengesetz dürfen sich nur Staatsangehörige als Kandidatin oder Kandidat aufstellen lassen.

3 Ältere machen häufiger von Wahlrecht Gebrauch 

Doch längst nicht alle zur Wahl aufgerufenen Bürgerinnen und Bürger machen auch von ihrem Recht Gebrauch. In den 70er-Jahren lag die Wahlbeteiligung jenseits der 90-Prozentmarke. Seitdem ging sie zurück, auch wenn sie sich bei den letzten beiden Wahlen wieder etwas erhöht hat. 2021 gaben 76,6 Prozent der Menschen ihre Stimme ab. Männer und Frauen übrigens ungefähr gleich stark im Vergleich zu ihrem Bevölkerungsanteil.

In Bezug auf das Alter gibt es allerdings deutliche Unterschiede. Dem damaligen Bundeswahlleiter Georg Thiel zufolge gaben 2021 zwar mit 72 Prozent wieder mehr unter 30-Jährige ihre Stimme ab – der Anstieg um zehn Prozentpunkte war der größte über alle Altersgruppen gesehen. Auch, weil die Klimakrise damals vor allem Jüngere mobilisierte. Aus der deutlich größeren Gruppe der Generation 60 Plus machten allerdings weitaus mehr von ihrem Wahlrecht Gebrauch: 80 Prozent der 60- bis 69-Jährigen und drei Viertel der über 70-Jährigen.

Demoskopen zufolge wird die Gruppe der Älteren immer heterogener: Während die „Adenauer-Generation“ noch eher konservativ wählte, ist die Nachkriegsgeneration von ihrem Wahlverhalten eher links eingestellt.

4 Ärmere bleiben fünfmal häufiger von Wahl fern

Stärker als das Alter fallen die sozioökonomischen Verhältnisse der Wahlberechtigten ins Gewicht. Menschen mit weniger Einkommen oder geringerer Bildung wählen deutlich seltener, während einkommensstarke und höher gebildete verhältnismäßig häufiger wählen.

Lag die Wahlbeteiligung der 20 Prozent ärmsten und reichsten Einkommensgruppe in Deutschland bei der Wahl 1972 noch annähernd gleich auf, geht die Schere seitdem immer stärker auseinander. Wie der Politikwissenschaftler Frank Decker in seinem Buch „Die deutsche Demokratie“ schreibt, blieben die ärmsten Menschen der vorletzten Wahl über fünfmal häufiger fern als die reichsten: 39 Prozent des einkommensschwächsten, aber nur sieben Prozent des einkommensstärksten Quintils haben damals nicht gewählt.

Diese Ungleichheit zeigt sich auch beim Blick auf zwei Wahlkreise der letzten Wahl: Gaben in München-Land fast 85 Prozent ihre Stimme ab, waren es in Duisburg II, einem sozialen Brennpunktviertel, nur etwas mehr 63 Prozent – in keinem anderen Wahlkreis des Landes haben weniger Menschen gewählt.

Decker fürchtet dadurch gar einen Teufelskreis: Wenn ärmere Menschen seltener zur Wahl gehen als reiche, würden ihre Interessen in Parlament und Regierung weniger berücksichtigt. Dadurch sinke wiederum die Bereitschaft, das nächste Mal zur Wahl zu gehen.

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