zum Hauptinhalt
Auf dem Bildschirm eines Smartphones sind die Logos der Apps zu sehen.

© Fernando Gutierrez-Juarez/dpa-Zentralbild/dpa

Facebook, Telegram und VK: Die Propagandaschlacht in den russischsprachigen sozialen Netzwerken

Der Krieg Russlands gegen die Ukraine wird auch über Social Media geführt. Hier findet sich viel Propaganda, aber auch ein Korrektiv. Eine Analyse.

Spätestens seit dem ersten Angriff Russlands auf die Ukraine sind die Sozialen Netzwerke zu einer Waffe im Informationskrieg geworden. Auf vielen russischen Social-Media-Plattformen konsumieren die Nutzer:innen inzwischen Falschinformationen - oder posten diese sogar selbst. Beispielsweise dann, wenn sie meinen, vom Sofa aus für die „Entnazifizierung" der Ukraine zu „kämpfen”.

Schon zu Beginn der russischen Invasion erklärte der staatsnahe Verein „Liga des sicheren Internets”, dass in Russland seit Mitte Februar mehr als eine Million Fälschungen im Zusammenhang mit der vom Kreml so bezeichneten "militärischen Sonderoperation" in der Ukraine aufgedeckt worden seien.

[Alle aktuellen Nachrichten zum russischen Angriff auf die Ukraine bekommen Sie mit der Tagesspiegel-App live auf ihr Handy. Hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen]

Doch als Fakes bezeichnet und blockiert werden in Russland tatsächlich nur die Inhalte, die nicht mit der staatlichen Propaganda-Strategie übereinstimmen. Der Vertreter Russlands bei den Vereinten Nationen, Wassili Nebenzia, sagte, dass in den sozialen Netzwerken ein Informationskrieg gegen Russland geführt wird.

Meta-Dienste nur eingeschränkt zugänglich

Vergangene Woche schränkte Russland nach einem Streit über „Zensur” die Nutzung von Facebook ein. Der Konzern Meta, zu dem Facebook gehört, weigerte sich, die Faktenchecks durch unabhängige Medienorganisationen bei vier russischen Staatsmedien zu stoppen. Daraufhin begrenzte die russische Regierung die Nutzung der Meta-Dienste Facebook, Instagram, WhatsApp und Messenger.

Für die Meinungsbildung in Russland haben diese Kanäle zwar deutlich weniger Einfluss als in Deutschland. Trotzdem war Facebook bis dato für viele Russen ein Fenster zur Welt ohne Zensur und Propaganda.

Viel wichtiger ist in Russland die Plattform VK, früher auch VKontakte genannt – eine Art Facebook-Klon. Die Kontrolle über die Plattform unterliegt dem Staat: Im Dezember hatte der Konzern angekündigt, dass das größte Onlinenetzwerk Russlands künftig vom Sohn eines engen Vertrauten des russischen Präsidenten geleitet wird, Wladimir Kirijenko.

Mehr zum russischen Angriff auf die Ukraine:

Wenn man auf VK nach den Gruppen sucht, die sich thematisch mit dem Krieg beschäftigen, tauchen etwa 2500 Ergebnisse auf. Inhaltlich positionieren sich aber nur wenige davon gegen die Invasion.

Der Tonfall in den Kommentarspalten der patriotischen russischen VK-Gruppen ist zudem teils sehr aggressiv. Doch auf solche Aufrufe zur Gewalt ist die Zensur nicht gerichtet. Stattdessen gilt sie den Nutzer:innen, die sich gegen die staatliche Propaganda stellen.

Trotzdem hat die Ukraine jetzt die seit 2017 andauernde Sperrung von VK aufgehoben. Das Ziel: Jeder Bürger soll Fotos und Videos von russischen Gefangenen und zerstörter russischer Ausrüstung veröffentlichen können.

Ukrainische Aktivisten verbreiten außerdem Informationen zum Krieg in Rezensionen auf Google Maps und Tinder-Profilen. Der Berater des ukrainischen Innenministers, Vadym Denysenko, betonte, dass es neben der militärischen Front mit Russland auch eine Informationsfront gebe, an der ebenfalls gekämpft werden müsse.

Die umkämpfte Plattform Telegram

Auch die App Telegram spielt in Russland eine große Rolle, sowohl für die Unterstützer als auch für die Gegner der Politik von Wladimir Putin. Etwa jeder vierte russische Einwohner verfügt über einen Account dort.

Der Telegram-Gründer Pavel Durov schrieb am ersten Tag des Krieges auf seinem Telegramm-Kanal, dass bei der Eskalation des Konflikts in Erwägung gezogen werde, den Betrieb von Telegram-Kanälen in den betroffenen Ländern teilweise oder vollständig einzuschränken. Diese Idee wurde von Durov aber schnell verworfen: „Zahlreiche Nutzer haben uns gebeten, die Schließung der Telegram-Kanäle für die Dauer des Konflikts nicht zu erwägen, da wir ihre einzige Informationsquelle sind.”

Und so posten dort die russische Opposition oder die ukrainischen Kriegsgegner unzensiert ihre Beiträge. Auch russische Bürger:innen können den Botschaften des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj folgen oder alternativ zu den russischen Staatsmedien sich auch über die ukrainischen Quellen informieren.

Es ist einer der wenigen Wege für Russen, sich ein breiteres Bild von den Ereignissen in der Ukraine zu machen. Aber: Auch auf Telegram verteilen die Unterstützer:innen der russischen Propaganda ungestört Informationen, ohne Faktenchecks oder Löschungen befürchten zu müssen. (Tsp)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false