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Steuerstreit: Die Spur des Notars

Schweizer Bundesanwälte ermitteln im Zusammenhang mit dem Kauf von Bankkundendaten nicht nur gegen deutsche Finanzbeamte wegen Wirtschaftsspionage. Einem Mittelsmann der deutschen Behörden werfen sie auch Geldwäsche und Urkundenfälschung vor.

Seit voriger Woche liegt das neue deutsch-schweizerische Steuerabkommen auf dem Tisch. Einiges musste, wegen des Widerstands von SPD und Grünen, nachverhandelt werden. Ein Punkt blieb unangetastet: die Amnestie für alle Beteiligten an Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten im Zusammenhang mit dem Kauf von Schweizer Bankkontendaten. Sie müssen nach Inkrafttreten des Abkommens nicht mehr mit Verfolgung rechnen – nicht nur nach schweizerischem, sondern auch nach deutschem Recht.

Das könnte jene drei deutschen Steuerbeamten betreffen, die von der Schweizer Justiz verdächtigt werden, im Zusammenhang mit dem Ankauf einer Steuerdaten-CD zwischen 2008 und 2010 Beihilfe zum Ausspionieren von Schweizer Banken und der damit verbundenen Verletzung des Bankgeheimnisses geleistet zu haben. Das sind Straftaten in der Schweiz. Doch um welche Taten nach deutschem Recht könnte es gehen – wenn sie in dem Abkommen straffrei gestellt werden?

Hier könnte ein Notar gemeint sein, der als Mittelsmann der deutschen Steuerbehörden im Rechtshilfeersuchen der Berner Bundesanwaltschaft vom 20. März mehrfach erwähnt wird. Über ihn wurden im Jahr 2010 offenbar die Geldüberweisungen vom Land Nordrhein-Westfalen an die beiden Datenlieferanten (einen Mitarbeiter der Bank Credit Suisse und einen österreichischen Geschäftsmann) abgewickelt. Es soll insgesamt um einen „Deliktserlös“ – so die Schweizer Formulierung – in Höhe von 2,5 Millionen Euro gegangen sein. Geliefert wurden dafür detaillierte Daten von mehr als 1100 deutschen Kunden, gegen die dann von den deutschen Steuerbehörden wegen Steuerhinterziehung ermittelt werden konnte.

Dieser Notar, in Nordrhein-Westfalen ansässig, hat sich nach Ansicht der Schweizer Ermittler nach deutschem Recht strafbar gemacht. Darauf haben sie in dem Rechtshilfeersuchen hingewiesen – Anzeige inklusive. Sie glauben, dass der Notar sich der Geldwäsche und der Urkundenfälschung schuldig gemacht hat. Die Indizien laut Schweizer Behörden: bewusste Aufteilung der gezahlten Summe von 2,5 Millionen Euro, Verteilung auf verschiedene Länder (Deutschland, Österreich, Tschechien), in einem Fall auch ein möglicherweise bewusst falscher Zahlungsgrund – bei einer Überweisung von fast 900 000 Euro des Notars auf ein Konto des österreichischen Informanten bei der Sparkasse Dornbirn vom März 2010 wurde eine Erbschaft als Verwendungsgrund angegeben.

Dieser Geldtransfer von einem Treuhandkonto des Notars erregte aber den Verdacht der Sparkasse – sie witterte Geldwäsche und schaltete die Behörden ein. Dagegen ist in einem Schreiben der NRW-Finanzbehörden, das daraufhin der österreichischen Bank vorgelegt wurde, von der Begleichung einer vertraglichen Verpflichtung des Landes Nordrhein-Westfalen die Rede. Das wirft die Frage nach Art und Grad des Zusammenwirkens der Finanzbehörden und des Notars auf.

Wie weit die Vorwürfe aus der Schweiz gegen die Steuerfahnder und den Notar am Ende wirklich tragen, ist unklar. Das Rechtshilfeersuchen der Schweizer Bundesanwaltschaft ist bereits das dritte in dem Fall. Auf zwei frühere – vom Februar 2010 und vom Dezember 2011 – hat die deutsche Seite offenbar nicht reagiert. Das Schreiben vom 20. März mit den Tatvorwürfen und den Haftbefehlen gegen die drei NRW-Beamten fällt – zumindest zeitlich – zusammen mit dem politischen Streit über das Steuerabkommen in Deutschland. Die von SPD und Grünen regierten Länder blockieren die Vereinbarung im Bundesrat, ihnen genügen auch die Ergebnisse der Nachverhandlungen nicht, die vor Ostern bekannt wurden. Die Schweiz dagegen hat großes Interesse an einem zügigen Inkrafttreten.

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