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Die Teilnehmer ziehen mit Pyro-Fackeln durch den Stadtteil Connewitz.

© Hendrik Schmidt/dpa-Zentralbild/dpa

Update

Dritten Tag in Folge Krawalle in Connewitz: Vermummte und Polizisten liefern sich Jagdszenen

Wieder ist es bei einer Demo in Leipzig zu Angriffen auf die Polizei gekommen. 500 Menschen waren am Samstagabend unterwegs. Sie zündeten Bengalos.

In Leipzig ist es am Samstagabend zum dritten Mal in Folge zu heftigen Ausschreitungen gekommen. Im Stadtteil Connewitz lief eine Demonstration gegen Gentrifizierung und Verdrängung schon nach wenigen Hundert Metern aus dem Ruder. Nach Steinwürfen auf die Fenster von Neubauten löste die Polizei den Aufzug auf, wie eine dpa-Reporterin berichtete.

Danach gab es Jagdszenen zwischen Vermummten und den Ermittlern. Mehrere Menschen wurden in Gewahrsam genommen. Der Straßenbahnverkehr in dem südlichen Stadtteil wurde gestoppt. Nach ersten Polizeischätzungen hatten sich rund 500 Menschen zu der angemeldeten Demo versammelt. Trotz Verbots zündeten die Teilnehmer Böller und Bengalos.

Bereits am Donnerstag- und Freitagabend hatte es in Leipzig Gewaltausbrüche gegeben. Vorausgegangen waren Hausbesetzungen, die von der Polizei beendet worden waren. Leipzigs Polizeipräsident Torsten Schultze sagte, bei den Angreifern habe es sich um „augenscheinliche Linksextremisten“ gehandelt. Insgesamt neun Beamte seien leicht verletzt worden.

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Der Leipziger Oberbürgermeister Burkhard Jung verurteilte die Krawalle „aufs Schärfste“. Die Debatte um bezahlbaren Wohnraum habe mit den Besetzungen und gewalttätigen Auseinandersetzungen einen schweren Rückschlag erlitten, erklärte der SPD-Politiker am Samstag. „Man schafft keinen Wohnraum, indem man Polizisten angreift und Barrikaden anzündet.“ Die wichtige Wohnraumdebatte werde nun deutlich schwerer, denn jetzt müsse erst verloren gegangenes Vertrauen zurückgewonnen werden.

Innenminister für härtere Strafen

Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) nannte die Angriffe auf Polizisten nicht hinnehmbar und forderte härtere Strafen. Die Leipziger Grünen-Bundestagsabgeordnete Monika Lazar schrieb auf Twitter, Gewalt sei keine Lösung und kontraproduktiv in der Debatte um bezahlbare Mieten.

Bereits am Freitagabend war eine Spontandemo im linksalternativen Stadtteil Connewitz eskaliert. Vermummte schmissen laut Polizei Pflaster- und Ziegelsteine auf einen Polizeiposten und eintreffende Einsatzkräfte, Mülltonnen wurden angezündet und brennende Barrikaden auf die Schienen der Straßenbahn gelegt.

„Es gab einen massiven Steinbewurf auf unsere Einsatzkräfte und Fahrzeuge“, berichtete eine Polizeisprecherin. Mehrere Beamte wurden demnach verletzt. Festnahmen gab es zunächst keine. Die Polizei setzte Tränengas ein.

Beamten wurden mit Steinen und Flaschen beworfen

Hintergrund der nicht angemeldeten Demo waren Hausbesetzungen. In der Woche war die Besetzung eines leerstehenden Hauses im Leipziger Osten durch die Polizei beendet worden. Am Freitagnachmittag meldeten Aktivisten über Twitter eine weitere Besetzung im Stadtteil Connewitz.

Auch dort war die Polizei am Nachmittag im Einsatz. Bereits am Donnerstag hatte es eine Demo gegeben, aus der heraus Polizisten attackiert wurden.

Zu der Spontandemo hatten sich ungefähr 100 Menschen versammelt – nahezu alle schwarz gekleidet und vermummt. Es flogen Böller und Raketen, dann setzte sich der Aufzug in schnellem Schritt in Richtung einer Polizeistation in Bewegung. Dabei wurden Anti-Polizei-Parolen gerufen. Gegen die Scheiben des Polizeipostens flogen Steine.

Anwohner halfen, Barrikaden zu beseitigen

Die Polizei verstärkte daraufhin die Zahl ihrer Einsatzkräfte. Zwei Polizeiwagen fuhren aufeinander auf, was von den Steinewerfern mit höhnischem Gejohle quittiert wurde. Der heftige Gewaltausbruch dauerte etwa eine Dreiviertelstunde. Danach beruhigte sich die Lage. Die Polizei setzte auch einen Hubschrauber ein.

Anwohner halfen zum Teil dabei, die Barrikaden aus Verkehrsschildern und brennenden Mülltonnen von den Straßen zu räumen. Einige riefen den Randalierern zu, dass sie aus Connewitz verschwinden sollen. In dem Stadtteil gibt es immer wieder Ausschreitungen.

Innenminister Wöller kündigte an, sich für schärfere Strafen bei Gewalt gegen Polizisten einzusetzen. Die jüngsten Vorgänge zeigten, dass es nur noch um rohe Gewalt gegen Menschen und Sachen gehe, erklärte er. „Insbesondere gezielte Angriffe auf Polizeibeamte haben ein unerträgliches Ausmaß erreicht und sind nicht hinnehmbar.“ Bei einem tätlichen Angriff auf Vollstreckungsbeamte liegt das Mindeststrafmaß derzeit bei drei Monaten. Wöller sprach sich dafür aus, es auf sechs Monate heraufzusetzen.

Auch der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei, sprach sich für ein höheres Strafmaß aus. Die Gesellschaft müsse sich stärker schützend vor die Sicherheitskräfte stellen.

Die Leipziger Grünen verurteilten die Steinwürfe und brennenden Barrikaden scharf. Allerdings müsse man sich mit den Ursachen der Besetzungen und der Randale auseinandersetzen. Leerstehende Häuser dürften keine Spekulationsobjekte sein. (dpa)

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