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Michael Kretschmer (CDU), Ministerpräsident von Sachsen

© dpa/Robert Michael

Update

Durchsuchungen in Dresden und Heidenau: Razzia wegen Mordplänen gegen Sachsens Regierungschef Kretschmer

In einem Telegram-Chat tauchen Mordpläne gegen Sachsens Ministerpräsidenten auf. Nun gibt es einen Polizeieinsatz gegen sechs Beschuldigte.

Nach den Morddrohungen gegen den sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) im Internet sind am Mittwoch sechs Objekte in Dresden und Heidenau (Sächsische Schweiz) durchsucht worden. Dabei stellten Beamte zahlreiche Beweismittel sicher, darunter Armbrüste und Waffen, wie ein Sprecher des Landeskriminalamtes (LKA) Sachsen an einem der Einsatzorte in Dresden-Pieschen der Deutschen Presse-Agentur sagte. Dort waren aufgrund entsprechender Andeutungen über Waffen in der Telegram-Chatgruppe namens „Dresden Offlinevernetzung“ auch Spezialeinheiten des LKA dabei. Ein Mann wurde festgenommen.

„Ich bin froh, dass der Rechtsstaat heute im Freistaat gezeigt hat, wie wehrhaft er ist“, sagte Kretschmer am Mittag bei einem Besuch des Leipziger Impfzentrums. „Bedrohungen gegen Amtsträger, seien es Bürgermeister, Gemeinde- und Landräte, Wissenschaftler oder Journalisten, sind nicht hinnehmbar, werden nicht geduldet und mit aller Kraft verfolgt.“

Kretschmer kündigte zusätzliches Personal „für den Kampf gegen Extremisten“ an. Jeder solle wissen, in Sachsen und in Deutschland könne man selbstverständlich seine Meinung sagen - auch was einem nicht gefalle. „Aber wenn Gewalt ins Spiel kommt, ist eine Grenze überschritten, was von uns nicht geduldet wird“, sagte er.

Die Ermittlungen richten sich den Behörden zufolge gegen insgesamt sechs Beschuldigte deutscher Nationalität, fünf Männer im Alter von 32, 34, 42, 45 und 64 Jahren und gegen eine 34 Jahre alte Frau. Sie stehen im Verdacht, eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet zu haben. Die Mitglieder der Chat-Gruppe verbinde „die Ablehnung gegen Impfungen, den Staat und die gegenwärtige Coronapolitik“, hieß es.

Der um sechs Uhr gestartete Einsatz bezog sich auf fünf Objekte, hauptsächlich Wohnungen, in verschiedenen Dresdner Stadtteilen und eines in der nahen Kleinstadt Heidenau.

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„Es ist ein klares Signal: der Rechtsstaat ist handlungsfähig“, sagte Innenminister Roland Wöller (CDU) der dpa. Geschlossene Chatgruppen seien kein anonymer Raum für die Vorbereitung von Straftaten und schützten nicht vor Strafverfolgung. Das LKA sei den Tätern der Chatgruppe auf die Spur gekommen, obwohl diese bereits gelöscht gewesen sei. „Telegram darf kein rechtsfreier Raum sein, in dem gewaltbereite Rechtsextreme unbehelligt Straftaten begehen können.“

Ein Polizeiermittler bei den Durchsuchungen in Dresden
Ein Polizeiermittler bei den Durchsuchungen in Dresden

© Reuters/Matthias Rietschel

Im Kommunikationsdienst Telegram waren laut einem Bericht des ZDF-Magazins „Frontal“ von vergangener Woche Morddrohungen gegen Kretschmer aufgetaucht, unter anderem im Zusammenhang mit der Diskussion über eine Corona-Impfpflicht. LKA und Generalstaatsanwaltschaft hatten danach die Ermittlungen aufgenommen. In der Kommunikation der Telegram-Chat-Gruppe und und in Gesprächen bei heimlich und auch teils offen gefilmten Treffen im Großraum Dresden gab es den Angaben nach Äußerungen zu Mordplänen bezüglich Kretschmer und weiteren Vertretern der Landesregierung.

Scholz spricht von einer „winzigen Minderheit der Hasserfüllten“

Die Drohungen hatten bei Politikern für Empörung gesorgt. Bundeskanzler Olaf Scholz wandte sich in seiner ersten Regierungserklärung am Mittwoch in Berlin scharf gegen Hass und extremistische Tendenzen in der Corona-Krise. „Wir werden es uns nicht gefallen lassen, dass eine winzige Minderheit von enthemmten Extremisten versucht, unserer gesamten Gesellschaft ihren Willen aufzuzwingen“, sagte der SPD-Politiker im Bundestag. „Dieser winzigen Minderheit der Hasserfüllten, die mit Fackelmärschen, mit Gewalt und Mordaufrufen uns alle angreift, werden wir mit allen Mitteln unseres demokratischen Rechtsstaats entgegentreten.“

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Die neue Bundesregierung prüft derzeit ein schärferes Vorgehen gegen Messenger-Dienste, die für die Verbreitung von Hass und Hetze genutzt werden. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) kündigte in diesem Zusammenhang ein härteres Vorgehen gegen Telegram an, das derzeit nicht vom Netzwerkdurchsetzungsgesetz erfasst werde.

Dieses Gesetz sieht ab Februar kommenden Jahres eine generelle Pflicht der Betreiber sozialer Netzwerke vor, strafbare Inhalte aus dem Bereich der Hasskriminalität dem Bundeskriminalamt zu melden. Ob dies auch Messenger-Dienste einschließt, wird aber offenbar unterschiedlich interpretiert.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat die Morddrohungen gegen Kretschmer als „widerwärtig“ bezeichnet. „Was in Sachsen stattfindet, angefangen von Fackelzügen bis zum Aufdecken eines Mordkomplotts, ist widerwärtig und erfordert ein entschlossenes und konsequentes Vorgehen der Justiz- und Sicherheitsbehörden“, sagte Söder am Mittwoch.

„Wenn solche Gruppierungen den Eindruck gewinnen können, dass der Staat zurückweicht vor ihren Forderungen, haben sie schon gewonnen - das kann nicht sein.“ Jeder habe das gleiche Recht auf Schutz und Freiheit in Deutschland. Das Netz sei kein rechtsfreier Raum. Söder forderte ein hartes und konsequentes Handeln.

Unglaublich viele Wege führten bei den Aktivitäten immer wieder zu Telegram. Der Dienst entwickle sich zunehmend „zum Darknet der Plattformen“. Es sollte erneut versucht werden, ein Gespräch mit den Betreibern zu führen. „Wenn aber dieses Gespräch scheitert - wovon auszugehen ist, weil es schon unzählige Versuche gegeben hat - muss mit den entsprechenden Maßnahmen agiert werden“, sagte Söder.

Diese könnten von Bußgeldern bis zum Blockieren reichen. Telegram müsse als letzte Maßnahme aus den entsprechenden Appstores verbannt werden, sagte Söder. Ansonsten werde die Demokratie dauerhaft geschwächt. (dpa, AFP)

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