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Politik: Ein Herz für die Krone

Am 14. September stimmen die Schweden über den Euro-Beitritt ab – es sieht nach einem „Nej“ aus

Wenn nicht noch ein Wunder geschieht, so wird in Stockholm geunkt, steht Göran Persson vor seiner größten Niederlage als schwedischer Ministerpräsident. Zwar haben in Schweden Umfragen wie vor den Wahlen zum Reichstag 2002 teilweise kräftig daneben gelegen. Doch diesmal scheinen die Zahlen eindeutig. So spricht kurz vor der Volksabstimmung über den Beitritt zum Euro am 14. September viel dafür, dass die Schweden dem Bespiel ihrer dänischen Nachbarn folgen und „Nej!“ sagen. Derzeit sind 47 bis 49 Prozent der Schweden gegen den Euro und nur 35 bis 39 Prozent dafür. Der Anteil der Unentschlossenen liegt bei etwa zwölf Prozent.

Dabei hatte der Sozialdemokrat Persson prominente Unterstützung. In Brüssel erklärte die EU-Kommission, sie wünsche sich ein klares Votum des Landes für den Beitritt zur Euro-Zone. Außenminister Joschka Fischer reiste im Sommer in Sachen Euro persönlich in den Norden. Und am Mittwoch drohte sogar der schwedische Telekom-Konzern Ericsson indirekt mit dem Verlassen des Landes bei einem Nein zum Euro. Doch die Front der Euro-Gegner ist breit: Außer bei den Grünen, den Ex-Kommunisten und der konservativen Zentrumspartei rührt sich Widerspruch sogar in Perssons eigenen Reihen – selbst von der stellvertretenden Ministerpräsidentin Margareta Winberg und am heftigsten von Wirtschaftsminister Leif Pagrotsky. Als Persson versuchte, seine widerspenstigen Minister zum Schweigen zu verdonnern, ging Pagrotsky in die Offensive. Die Abschaffung der Krone würde die Inflationsgefahr steigern und so Arbeitsplätze bedrohen, warnte er.

Einer der größten Gegner ist ein Finanzprofi, der ehemalige Reichsbankchef Lars Wohlin. Dem Tagesspiegel sagte Wohlin, die Einführung des Euro sei eine „außerordentliche Gefahr für die schwedische Wirtschaft“, das Inflationsrisiko steige. „Und wir würden ständig höhere Steuern und geringeren Wohlstand haben. Schweden sollte lieber noch fünf bis sechs Jahre mit einem Beitritt warten“, sagte Wohlin. Auch für Lars Calmfors, Professor am Institut für internationale Wirtschaft an der Universität Stockholm, sind es nicht die wirtschaftlichen, sondern die politisch-emotionalen Gründe, die für ein Ja sprechen. Schweden sei wie Großbritannien, das auch nicht zur Euro-Zone gehört, weit mehr am US-Dollar orientiert. Ein Beitritt sei daher ein politisches Zeichen für Europa. „Außerdem ist Schweden ein kleines Land. Wenn wir nicht dabei sind, wird noch weniger auf uns gehört“, sagte Calmfors dem Tagesspiegel.

Beide Seiten argumentieren mit wirtschaftlichen Argumenten. Kein Wunder also, dass die Verwirrung groß ist, nicht nur bei den Bürgern. Die Euro-Gegner mussten am Montag eine Broschüre wegen grober inhaltlicher Fehler zurückziehen. So heißt es in dem Informationsmaterial, die Europäische Zentralbank habe das Recht, Geldstrafen gegen Mitglieder der Euro-Zone zu verhängen. In Wahrheit ist das Aufgabe der Versammlung der Finanzminister der Mitgliedsländer. Persson muss nun auf seine Überzeugungskraft setzen und hoffen, dass die Stimmung wie vor den Reichstagswahlen 2002 in letzter Minute kippt. Für den 14. September hat er schon einmal vorgesorgt. Auch bei einem Nein, kündigte er an, werde er nicht zurücktreten.

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