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Wladimir Putin rudert als erster zurück: Gaslieferung und Bezahlung in Rubel seien zwei getrennte Dinge.

© REUTERS

„Ein Lieferstopp trifft Putin härter als den Westen“: Das Hasenfußspiel ums Gas – wer zuckt als erster zurück?

Der Ausfall der Gas-Einnahmen ist für Russland schwerwiegender als ein Gas-Mangel für Deutschland. Ein Experte sagt: Die Stabilität des Regimes wäre bedroht.

Ein Ende der russischen Gaslieferungen „trifft Wladimir Putin härter als den Westen. Und stellt ihn vor noch größere Probleme als Deutschland“. Das sagt Andreas Goldthau, Energieexperte und Professor für Public Policy an der Willy Brandt School der Universität Erfurt.

Und tatsächlich mildert Putin seine Forderung am Mittwoch ab. Die Lieferungen und die Bezahlung in Rubel seien getrennte Prozesse.

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Erstens könne man die Gasproduktion klassischer Erdgasfelder nicht von heute auf morgen beenden. Zweitens stammen mehr als 40 Prozent der russischen Staatseinnahmen aus Energieverkäufen.

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Drittens könne Putin nur mit diesen Einnahmen die wirtschaftlichen Verluste durch die westlichen Sanktionen abfedern. Seinem Regime droht eine soziale Destabilisierung, wenn die Einnahmen infolge des Streits, ob die Bezahlung in Rubel oder Dollar erfolgt, ausbleiben.

Technisch sei ein Lieferstopp möglich, meint Goldthau. Russland kann die Produktion von Erdgas aber nicht umgehend stoppen, wie das bei Fracking möglich wäre.

Ein Erdgasfeld kann man nicht einfach schließen

„Ein Feld, das Erdgas produziert, kann man nicht einfach schließen. Es dauert etwas, die Produktion herunterzufahren.“

Auf die Einnahmen aus den Energielieferungen kann Moskau kaum verzichten.
Auf die Einnahmen aus den Energielieferungen kann Moskau kaum verzichten.

© REUTERS//Dado Ruvic/Illustration

Der Einnahmeausfall sei jedoch das noch größere Problem für Putin, analysiert Goldthau. Die vielfältige Besteuerung der Gewinne aus Energieproduktion und Energieverkäufen sei die zentrale Einnahmequelle des russischen Staats. Auf die sei Putin angewiesen, um seine Herrschaft abzusichern.

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„Es geht weniger um die laufende Finanzierung des Kriegs in der Ukraine. Sondern mehr um die russische Volkswirtschaft, die unter den Sanktionen schwer leidet, und um die sozialen Folgen“, sagt Goldthau. Ob die Einnahmen fließen oder ausbleiben, „hat direkte Effekte auf die Stabilität der Regierung. Das trifft den Führungszirkel um Putin direkt“.

Deutschland könne sich verschulden, um Einnahmeverluste auszugleichen. „Es hat ein exzellentes Kredit-Rating.“ Russland könne das nicht, „seine Schuldentitel sind nichts wert“. Wenn jetzt noch die Deviseneinnahmen ausbleiben, „trifft Russland sich selbst härter als den Westen“.

Putin versucht oberhalb seiner Gewichtsklasse zu boxen

Putins Festlegung, er verlange die Bezahlung in Rubel, sei insofern „unsinnig“, meint Goldthau. Aber da habe sich ein „Game of Chicken“ (zu deutsch: „Hasenfußspiel“) aufgeschaukelt samt der Frage: Wer gibt als erster nach? „Beide Seiten sagen: Wir nicht.“

Rein wirtschaftlich betrachtet können Deutschland und der Westen diese Wette eher durchhalten als Russland. Politisch können die Regierungen in Demokratien ihren Bürgern aber mitunter weniger zumuten als autokratische Regime.

„Die EU hat eine jährliche Wirtschaftskraft von 16 Billionen Dollar, Deutschland allein 3,8 Billionen Dollar, Russland nur 1,5 Billionen Dollar“, argumentiert Goldthau. „Es leistet sich ein Militär, das es sich eigentlich nicht leisten kann. Putin versucht, oberhalb seiner Gewichtsklasse zu boxen.“

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