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Friedens-Nobelpreisträger warnt Israel vor einem militärischen Vorgehen gegen den Iran. Auch Deutschland könne bei einer friedlichen Lösung des Konflikts eine wichtige Rolle spielen.

© dpa

Streit um Atomprogramm: El Baradei warnt Israel vor Krieg gegen den Iran

Der Friedens-Nobelpreisträger Mohammed el Baradei nennt Überlegungen zu einem israelischen Angriff "völlig verrückt". An Deutschland appelliert er, auf eine friedliche Lösung des Konflikts hinzuwirken.

Der langjährige Direktor der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Mohammed el Baradei, hat Israel eindringlich vor einem Krieg gegen den Iran gewarnt. „Jeder, der den Iran angreift, ist völlig verrückt“, sagte der Friedens- Nobelpreisträger in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa.

„Das würde die gesamte Region zerfetzen.“ Israel hat mehrfach mit Luftangriffen gegen iranische Nuklearanlagen gedroht, um das Land vom Bau einer Atombombe abzuhalten. El Baradei äußerte sich aber auch skeptisch zu den geplanten internationalen Gesprächen über das iranische Atomprogramm. Wichtig sei, bis zur US-Präsidentschaftswahl im November die aktuelle Krise unter Kontrolle zu behalten. Als Staat ohne eigene Atomwaffen könne Deutschland bei den anstehenden Verhandlungen eine wichtige Rolle spielen, sagte der frühere IAEA-Chef der Deutschen Presse-Agentur. Der 69-jährige Ägypter warnte davor, dass Israel mit einem Angriff auf den Iran genau das Gegenteil seiner Absichten erreichen würde.

„Der Iran wäre dann auf dem schnellsten Weg, eigene Atomwaffen zu entwickeln - und das mit der Unterstützung jedes einzelnen Iraners, fast des gesamten Nahen Ostens und einer Menge anderer Leute in der Welt.“ Israel müsse verstehen, dass es Sicherheit nur dann bekommen könne, wenn es im Nahen Osten akzeptiert werde.

El Baradei verwies darauf, dass die inoffizielle Nuklearmacht Israel selbst „mindestens 200 Atombomben“ besitze. „Israel will die perfekte Sicherheit. Aber die perfekte Sicherheit für ein bestimmtes Land ist die perfekte Unsicherheit für jedes andere Land.“ Erneut plädierte er deshalb für eine atomwaffenfreie Zone im gesamten Nahen Osten. Eine Lösung könne nur am Verhandlungstisch gefunden werden. Von der iranischen Führung verlangte er „eisenharte Garantien“, dass keine Atombomben gebaut würden. El Baradei äußerte aber Zweifel, dass die Gespräche über das iranische Nuklearprogramm baldige Fortschritte bringen.

Dazu wollen sich im nächsten Monat erstmals wieder die fünf Veto-Mächte des UN-Sicherheitsrats (USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich) und Deutschland zusammen mit dem Iran treffen.
Der frühere IAEA-Chef sagte einen „Sommer der Spannungen“ bis zur US-Präsidentschaftswahl im November voraus. Erst nach der Wahl erwartet er „ernsthafte Gespräche“. „Die Angelegenheit kann nur erledigt werden, wenn Amerikaner und Iraner am Verhandlungstisch einen Weg finden, wie sie miteinander auskommen. Bis dahin müssen wir diese Krise managen, ohne dass es einen verrückten Akt gibt.“ Dabei kommt es aus Sicht des Nobelpreisträgers auch auf Deutschland an. Als einziger Staat ohne eigene Atomwaffen auf der anderen Verhandlungsseite habe die Bundesrepublik gegenüber dem Iran eine besondere „moralische Autorität“. Zudem könne Deutschland seine Beziehungen zu Israel nutzen. El Baradei hatte den Nobelpreis 2005 für seine Arbeit an der Spitze der IAEA bekommen. Er führte die Organisation von 1997 bis 2009. (dpa)

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