
© dpa/Bernd Weißbrod
Steinmeiers Rede zum 9. November: Heute sollte man dem Bundespräsidenten zuhören!
Der 9. November ist ein geschichtsträchtigstes Datum und ein Tag der Selbstvergewisserung. Auch Frank-Walter Steinmeier schaut auf das Land und wird einen dramatischen Appell an die Nation richten.

Stand:
Der 9. November ist ein besonderes Datum der deutschen Geschichte. Die erste deutsche Republik wurde an diesem Datum 1918 von Philipp Scheidemann ausgerufen.
Schon fünf Jahre später am 9. November 1923, hätte es vorbei sein können mit der Republik, als Hitler das erste Mal versuchte, die Macht an sich zu reißen. Damals scheiterte er. Wenige Jahre später gelangte er ganz legal, durch Wahlen, an die Macht.
Was das bedeutete, wurde spätestens am 9. November 1938 klar. In der Reichspogromnacht zerstörten Hitlers Spießgesellen Synagogen und jüdische Geschäfte; tausende Jüdinnen und Juden wurden getötet. Spätestens da hätte der Welt klar sein müssen, welche Ziele Hitler verfolgte. Doch die internationale Gemeinschaft war nicht stark genug und die deutsche Bevölkerung längst zu schwach: Sie begab sich freiwillig in die Hände eines Terrorregimes, das bis dahin in der Geschichte seinesgleichen suchte und bis heute sucht. Sechs Millionen Jüdinnen und Juden fielen dem Holocaust zum Opfer.
Dass dann ausgerechnet wieder ein 9. November, diesmal 1989, zu einem Tag der Befreiung von einem diktatorischen Regime auf deutschem Boden wurde – eigentlich kaum zu glauben. Der Fall der Berliner Mauer, das Ende eines kommunistischen Regimes, das Millionen Menschen im eigenen Land einsperrte, verfolgte und drangsalierte: ein deutscher Glücksfall.
Der 9. November ist ein Tag, der uns zur Selbstvergewisserung und Selbstprüfung verpflichtet. Die bittere Wahrheit ist: Man muss sich Sorgen machen um die Demokratie in unserem Land. Eine in weiten Teilen rechtsextreme AfD liegt mittlerweile konstant in den Umfragen vorn. Das hat Gründe, für die auch die Parteien der Mitte verantwortlich sind. Gleichzeitig wächst am linken Rand eine Gegenbewegung: oft populistisch, manchmal extrem und häufig auch mit antisemitischen Tendenzen.
Und zwischen den beiden Polen am rechten und linken Rand droht die Mitte zerrieben zu werden und mit ihr auch die Demokratie.
Einer erkennt das offenbar ziemlich genau: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Er will heute eine Rede halten, um das Land aufzurütteln. Um zwölf Uhr lädt das Staatsoberhaupt ins Schloss Bellevue ein, wo er über die „aktuellen Gefahren der Demokratie“ sprechen wird. Ich bin sicher: Die Rede an eine verunsicherte Nation wird es in sich haben. Nach Tagesspiegel-Informationen wird das Staatsoberhaupt die Deutschen in einem dramatischen Appell zur Verteidigung der Demokratie gegen rechtsextreme Kräfte aufrufen. Die in Teilen drastische Mahnung des Präsidenten gilt nicht zuletzt Union und SPD; die AfD dürfte die Worte als Kampfansage begreifen.
Wir werden Sie auf dem Laufenden halten, was Steinmeier gesagt hat, was seine wichtigsten Passagen bedeuten – und wie die Reaktionen ausfallen.
Ich wünsche Ihnen nun an diesem historischen Datum einen schönen Tag, den man nutzen kann, um ins Gespräch zu kommen: mit Freunden und Familien, darüber, wo dieses Land steht.
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