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Empfehlung der Woche: Man sollte Trump nicht unterschätzen
Vieles ist noch unklar. Aber dass es überhaupt Hoffnung auf Frieden im Nahen Osten gibt, ist viel wert. Die Leseempfehlungen der Woche von Chefredakteur Christian Tretbar.
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Manchmal braucht es nicht viel für ein bisschen Hoffnung. Ein paar Indizien, einige Signale und Anzeichen. So ist es aktuell auch im Krieg zwischen Israel und der Hamas. Die Chancen, dass die von der Hamas am 07. Oktober 2023 verschleppten Geiseln endlich freikommen, sind vielleicht so groß wie lange nicht. Genauso die Möglichkeit, dass Israel das Bombardement von Gaza dauerhaft aussetzt.
Und ausgerechnet US-Präsident Donald Trump ist Grund für diese Hoffnung. Denn sein 20-Punkte-Plan für einen Frieden in Nahost, den er am Montag gemeinsam mit dem israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu in Washington vorgestellt hat, weckt diese Zuversicht. Die Hamas hat mit einem „Ja, aber...“ geantwortet. Die Geiseln wolle man freilassen, aber weitere Details des Plans verhandeln. Der eigenen Entwaffnung und dem Rückzug aus dem Gazastreifen hat die Terrororganisation bisher nicht zugestimmt. An diesem Sonntag verhandeln israelische Unterhändler, IS-Gesandte und die Hamas in Ägypten weiter.
Noch ist völlig unklar, ob der Plan so umgesetzt wird und sich am Ende auch jeder daran hält. Aber, dass es jetzt zumindest ernst zunehmende Hoffnung auf ein Ende der Geiselnahme und ein Ende der Bombardierung Gazas gibt, ist mehr als man hätte erwarten können.
Am Ende ist es auch völlig egal, was Trump motiviert, sich für einen Frieden einzusetzen. Ob es Einflussnahme in der arabischen Welt ist (immerhin hat er eine breite Allianz für seinen Plan formen können) oder sein schlichtes Ziel, den Friedensnobelpreis wirklich zu bekommen. Schließlich will er es all seinen Gegnern zeigen, dass er diesen Preis mehr verdient habe als einst sein Vorgänger Barack Obama.
Man sollte Trump nicht unterschätzen oder abkanzeln. In seiner manchmal wilden, chaotischen und sprunghaften Art steckt häufig ein Überraschungsmoment, der für Verwirrung und am Ende Bewegung sorgen kann. Und das ist in festgefahrenen Konflikten gar nicht schlecht.
Noch aber steht nicht fest, wie erfolgreich er wirklich ist. Denn von der Kernforderung des Plans, nämlich die Entwaffnung der Hamas und der Rückzug der Terrororganisation werden die Israelis nicht ablassen können. Ein Scheitern des Trumpschen Plans ist auch noch eine sehr realistische Möglichkeit. Aber dass Frieden ebenso wieder zur Kategorie „nicht unrealistisch“ zählt, ist schon sehr viel wert in diesen Tagen.
Wir werden die weiteren Entwicklungen für Sie verfolgen. Außerdem empfehle ich Ihnen den High Noon Talk am Dienstag von meiner Kollegin Anja Wehler-Schöck. Von 12 bis 13 Uhr diskutiert sie online mit Expertinnen und Experten die Frage: „Wie geht es weiter in Nahost?“ Sie können live dabei sein und Ihre Fragen stellen. Mehr Informationen und Anmeldungen hier.
Jetzt wünsche ich Ihnen erstmal einen schönen Ausklang des langen Wochenendes.
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