zum Hauptinhalt
WE-Bühne 20.12.2025 zum Thema:Das Leid italienischer Gastarbeiter-KinderMeine Eltern schickten mich ins Internat, um in Deutschland am Fließband zu schuften

© Gestaltung: Tagesspiegel/Dessin, Foto: privat

Empfehlungen der Woche 21.12.2025: Eine unerzählte westdeutsche Geschichte

Vor 70 Jahren schlossen Deutschland und Italien ein Abwerbeabkommen. Es war für beide Seiten eine Win-Win-Situation. Aber die Kinder vieler Italiener zahlten einen hohen Preis.

Stand:

heute möchte ich Ihnen einen Text ganz besonders ans Herz legen, weil er auf persönliche Art und Weise ein bisher wenig beleuchtetes Kapitel der westdeutschen Geschichte erzählt. Es geht um die Kinder der ersten Generation von Migranten, die in der Nachkriegszeit nach Deutschland gekommen sind und geholfen haben, das Land wieder aufzubauen.

Alfonso Pantisano erzählt seine und die Geschichte seiner Familie. Wie es war, plötzlich von den Eltern alleingelassen zu werden, wie Kinder weggeschickt wurden, damit die Eltern in Deutschland hart arbeiten konnten und sich dabei noch beleidigen lassen mussten. Pantisano ist heute Queerbeauftragter der Berliner Landesregierung und er erzählt eindrücklich, was seine Familie durchleben musste und wie das Damals im Heute für ihn nachwirkt.

Wie hart es sein muss, wenn Eltern ihre Kinder über Nacht weggeben müssen, weil sie sie nicht durchbringen können, kann man sich kaum vorstellen. Mich hat seine Geschichte sehr berührt, auch weil bisher wenig über diese Generation erzählt wird. Wir beschäftigen uns heute sehr viel mit Migration und den Folgen, aber dieses Kapitel muss dabei dringend mitberücksichtigt werden.

Vor 70 Jahren schlossen Deutschland und Italien ein sogenanntes Abwerbeabkommen ab. Es ermöglichte deutschen Unternehmen, italienische Arbeiterinnen und Arbeiter legal zu beschäftigen, was half, den Mangel an Arbeitskräften in Deutschland zu kompensieren. In Süditalien herrschte damals zur selben Zeit eine hohe Arbeitslosigkeit, die mit dem Abkommen auch bekämpft werden konnte. Eine Win-Win-Situation gewissermaßen, aber Pantisano berichtet davon, wie hoch der Preis für viele Italienerinnen und Italiener damals war.

Die Geschichte macht bei allem Erschrecken auch Mut, nämlich darüber, wie stark Familien auch sein können. Deshalb wünsche ich Ihnen jetzt erst mal frohe Weihnachten und hoffe, dass Sie mit Ihren Familien zusammen sein können und etwas Entspannung finden. Und falls das Zusammensein nicht möglich ist, dass Sie den Mut darüber nicht verlieren und die Zuversicht behalten. Ein Wunsch, weit über die Familien hinaus. Denn wir als Gesellschaft benötigen die Kraft der Zuversicht. Dann gelingt eine Menge.

Einen schönen vierten Advent wünsche ich Ihnen und eine gute Lektüre meiner Empfehlungen der Woche.

LESEEMPFEHLUNGEN

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })