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Aktivisten von „Ende Gelände“ haben die Nord-Süd-Bahn besetzt, über die der Kohle-Nachschub ins Kraftwerk Neurath rollt.

© Leon Kügler/AFP

Update

„Ende Gelände“-Proteste: Aktivisten besetzen Kohle-Bahnstrecke

Der Zugverkehr auf der Nord-Süd-Bahn in NRW ist eingestellt, das RWE-Kraftwerk Neurath blockiert. Die Aktivisten wollen bleiben, so lange es geht.

Aktivisten haben am Freitagabend in Nordrhein-Westfalen eine Bahnstrecke für die Kohleversorgung besetzt und damit die Zufuhr für das RWE-Kraftwerk Neurath in Grevenbroich blockiert. Das berichteten ein Sprecher des Energiekonzerns RWE sowie die Protestbewegung „Ende Gelände“.

Laut einem RWE-Sprecher wurde der Zugverkehr auf der sogenannten Nord-Süd-Bahn eingestellt. Angaben einer dpa-Reporterin zufolge war die Situation am frühen Abend vor Ort ruhig.

Laut Behördenangaben war zuvor eine Polizeikette durchbrochen worden. Rund 500 Menschen hätten sich am frühen Abend in Richtung des Kraftwerks bewegt.

Eine Sprecherin von „Ende Gelände“ kündigte an, die Aktivisten würden so lange bleiben, wie ihre Sicherheit gewährleistet sei. Sie hätten Schlafsäcke und Isomatten dabei, um auch übernachten zu können.

Dem RWE-Sprecher zufolge lief das Kraftwerk Neurath weiter, es gebe dort einen Kohle-Vorrat. Wie lange dieser ausreiche, wollte er nicht sagen. „Ende Gelände“ hatte für Freitag Aktionen am oder im Tageabbaugebiet angekündigt. Der Energiekonzern RWE warnte die Aktivisten vor lebensgefährlichen Risiken auf seinen Betriebsanlagen.

40.000 Teilnehmer bei „Fridays for Future“-Demo in Aachen

Mit einer internationalen Großdemonstration der Schülerbewegung Fridays for Future in Aachen haben am Freitag die für das Wochenende angekündigten Klimaproteste im Rheinland begonnen. Fridays for Future sprach von 40.000 Teilnehmern. Zugleich machten sich Klimaaktivisten des Bündnisses Ende Gelände auf den Weg ins rheinische Braunkohlerevier, wo nach Polizeiangaben zunächst eine Mahnwache in Bedburg unweit des Tagebaus Garzweiler stattfand. Auf scharfe Kritik bei Umweltaktivisten stieß das Scheitern beim EU-Gipfel bei der Festlegung auf eine Klimaneutralität bis 2050.

Lange nicht alle Schüler schwänzten den Unterricht, denn viele Schulen hatten den Freitag als Brückentag zwischen Fronleichnam und dem Wochenende freigegeben. „Ich habe frei“, erklärte etwa die 17 Jahre alte Romy aus Köln. Sie hielt ein Schild hoch mit der Aufschrift „Das Klima ist aussichtsloser als unser Mathe-Abi“. 

Die Schüler hatten noch weitere Plakate, Schilder und Transparente gebastelt. Darunter waren Aufschriften wie: „Die Dinos dachten auch, sie hätten Zeit“ oder „Grandma, what's a Snowman?“ (Oma, was ist ein Schneemann?).

In Aachen zogen die Anhänger von Fridays for Future in vier Demonstrationszügen in Richtung Innenstadt und von dort aus weiter vor das Fuballstadion Tivoli, wo am Nachmittag eine mehrstündige Kundgebung begann. Die Großdemo in Aachen war nach Angaben der Schülerbewegung der erste internationale Klimastreik von Fridays for Future. Ihre Teilnahme zugesagt hatten demnach junge Menschen aus 17 Ländern.

An den Protesten in Aachen beteiligten sich am Freitag auch Aktivisten der Umweltorganisation Robin Wood. Vier Kletterer spannten am Mittag zwischen die Stahlseile einer Fußgängerbrücke am Tivoli ein Transparent mit dem Slogan "Klimaschutz statt Kohleschmutz", wie Robin Wood mitteilte.

Polizei im Einsatz

Die Bundesstraße vor dem Station wurde laut Polizei daraufhin vorzeitig für den Verkehr gesperrt. Auch auf einer weiteren Brücke über die Bundesstraße montierten junge Leute Transparente, wie eine Polizeisprecherin mitteilte.

Bereits vor der Aachener Großdemonstration kündigten Klimaaktivisten des Bündnisses Ende Gelände am Freitag erste Blockadeaktionen im östlich von Aachen gelegenen rheinischen Braunkohlerevier an. Dazu würden rund 4000 Menschen von einem Protestcamp im niederrheinischen Viersen aufbrechen, teilte das Bündnis mit. "Eine weitere große Aufbruchswelle" sei für Samstag geplant.

Mehrere tausend Teilnehmer ziehen bei der Klimademonstration Fridays for Future durch Aachen.
Mehrere tausend Teilnehmer ziehen bei der Klimademonstration Fridays for Future durch Aachen.

© Marcel Kusch/dpa

Bei vergleichbaren Aktionen von Ende Gelände im rheinischen Braunkohlerevier hatte es in den vergangenen Jahren wiederholt Polizeieinsätze gegeben. Die Polizei ist auch in diesem Jahr mit einem Großaufgebot im Einsatz. Am Freitagvormittag sperrten die Beamten den Bahnhof von Viersen. "Dies ist erforderlich, um das Eindringen von Unbefugten in den Tagebau zu verhindern", teilte die Polizei via Twitter mit.

Zugleich wurden für die Ende-Gelände-Demonstranten Busse für die Fahrt zu von dem Bündnis angemeldeten Mahnwachen im Umfeld des Tagebaus Garzweiler bereit gestellt. Der Polizeisprecherin zufolge wurde ein Großteil der Akivisten bis zum Nachmittag von Viersener Bahnhof zu einer Mahnwache in Bedburg gebracht.

Kritik an der EU

Mit Blick auf die angekündigten Blockaden im Braunkohlerevier warnte die Polizei die Aktivisten nachdrücklich vor dem Betreten von Tagebaugelände. Das Eindringen in den Tagebau bedeute akute Lebensgefahr für alle Menschen. "Halten Sie sich nicht an der Tagebaukante auf", mahnten die Beamten.

Teilnehmer am Protest in Aachen. Zu der Demo wurden bis zu 20.000 Teilnehmer erwartet
Teilnehmer am Protest in Aachen. Zu der Demo wurden bis zu 20.000 Teilnehmer erwartet

© /Thilo Schmuelgen/REUTERS

Neben den Aktivisten von Ende Gelände wollen am Samstag auch Anhänger von Fridays for Future am Tagebau Garzweiler demonstrieren. Dort ist ebenfalls am Samstag unter dem Motto "Kohle stoppen - Klima und Dörfer retten" eine weitere Demonstration geplant, zu der ein Bündnis umwelt- und zivilgesellschaftlicher Gruppen wie Campact, BUND und Greenpeace aufruft.

Nach dem Scheitern der EU-Staats- und Regierungschefs beim Brüsseler EU-Gipfel bei der Festlegung auf eine Klimaneutralität bis 2050 warfen unterdessen Umweltaktivisten der EU vor, nicht ausreichend auf die Sorgen der Menschen vor dem Klimawandel zu reagieren. Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) forderte, es müsse nun um die konkreten Maßnahmen gehen, wie das Ziel einer Treibhausgasneutralität bis 2050 erreicht werden könne.

Trotz wachsender Unterstützung unter den EU-Mitgliedsstaaten hatten sich die Staats- und Regierungschefs bei ihrem Gipfel in Brüssel am Donnerstag nicht auf das Ziel einer Treibhausgasneutralität bis 2050 einigen können. Für einen Beschluss wäre Einstimmigkeit notwendig gewesen - Polen, Ungarn und Tschechien verhinderten aber eine Einigung. (dpa, AFP)

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