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Endlich mal nicht im Kreuzfeuer: SPD-Chefin Andrea Nahles und Arbeitsminister Hubertus Heil

© dpa/Jörg Carstensen

Unionsstreit um Asylpolitik: Endlich geht's mal nicht um die SPD

CSU und CDU zoffen sich, die SPD steht einmal nicht im Zentrum des politischen Geschehens. Eine neue Erfahrung für die Genossen – doch das könnte sich schnell ändern.

Von Hans Monath

Es war ein symbolischer Kommentar: Wo über dem Willy-Brandt-Haus gewöhnlich die rote Parteifahne weht, war am Montag die Europafahne zu sehen. Das sollte heißen: Die Partei steht im Asylstreit von Innenminister Horst Seehofer (CSU) mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) auf der Seite der Regierungschefin, die unilaterale Lösungen gegen die EU ablehnt.

Nicht im Zentrum des Geschehens zu stehen, sondern den Fortgang des Streits zwischen CDU und CSU nur beobachten zu können, ist eine neue Erfahrung für die Sozialdemokraten, die zuletzt von Krise zu Krise taumelten. Als die SPD-Abgeordneten am Donnerstag nach einer Viertelstunde aus ihrer Sonderfraktionssitzung kamen, standen Trauben von Journalisten nicht wie so oft vor den Türen ihres Saales, sondern vor denen der Sitzungsräume von CDU und CSU.

Mit einer Mischung aus Verwunderung und Furcht verfolgten führende Sozialdemokraten seit Mitte vergangener Woche die Eskalation des Konflikts. Der Gedanke an einen Bruch der Regierung und mögliche Neuwahlen flößt den Genossen Furcht ein. Sie wären dafür schlicht nicht gerüstet, weder mental, organisatorisch noch finanziell.

Auf dem Dach der Parteizentrale der SPD, dem Willy-Brandt-Haus, weht die blaue Europafahne.
Auf dem Dach der Parteizentrale der SPD, dem Willy-Brandt-Haus, weht die blaue Europafahne.

© Jens Büttner/dpa-Zentralbild/dpa

Keine zehn Tage ist es her, dass die SPD-Spitze die Analyse der verlorenen Bundestagswahl aus der Feder eines Expertenteams diskutierte. Ergebnis: Keine Sprache, kein Konzept, kein Profil habe die Partei, weil wichtige Probleme über Jahre nicht angegangen worden seien. Die aktuellen 16 Prozent in manchen Umfragen machen ebenfalls kaum Lust auf schnelle Neuwahlen.

Auch über ein Worst-Case-Szenario macht sich die SPD Gedanken

Den Sozialdemokraten macht noch ein anderer Umstand zu schaffen: Der Riss, der CSU und CDU trennt, geht auch durch ihre eigene Partei. Viele Genossen wollen die Grenze ebenfalls möglichst dicht machen. Unter den Wählern auch der SPD seien sehr viele Menschen, „die den Seehoferschen Positionen weit näher sind als denen der Kanzlerin“, glaubt Ex-Parteichef Sigmar Gabriel. Auf der anderen Seite verurteilen Funktionäre und Parteitagsdelegierte jede Einschränkung für Flüchtlinge als unmenschlich.

Partei- und Fraktionschefin Andrea Nahles steht deshalb mit ihrem Versuch erst ganz am Anfang, widersprüchliche Positionen zu klären und eine härtere Migrations- und Flüchtlingspolitik durchzusetzen. Die Heftigkeit der Reaktionen auf ihren Versuch aus den eigenen Reihen zeigt, wie schwer das werden dürfte.

Die SPD erwartet außerdem, dass Seehofer der Koalition in seinem bislang weitgehend unbekannten „Masterplan“ Positionen unterschieben will, mit denen seine Partei in den Koalitionsverhandlungen gescheitert war. „Ich fürchte, dass da noch einige Dinge drinstecken, die uns große Probleme machen“, sagte ein Genosse. Auch über ein Worst-Case-Szenario macht sich die SPD mittlerweile Gedanken: Merkel könnte nach Ablauf der 14-Tage-Frist gezwungen sein, der CSU noch weitere Zugeständnisse zu machen.

Dann könnte plötzlich die SPD vor der Frage stehen, ob sie die härtere, von ihr stets abgelehnte Linie mitträgt – oder aber die Koalition platzen lässt. Noch machen sich wichtige Sozialdemokraten Mut mit dem Satz: „Wir bleiben bei der Sache und beim Koalitionsvertrag und schauen, dass wir uns nicht mitten in die Schusslinie stellen.“

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