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Politik: Erklärung später

Die Koalition schließt Frieden – und Schröder will zumindest Fischer bei der Vertrauensfrage einweihen

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Berlin - Franz Müntefering gab sich trotz der Diskussion um die Vertrauensfrage Mühe, Handlungsfähigkeit und eine politische Zukunft der Koalition zu demonstrieren. „Wenn die Wähler uns das nötige Mandat geben, wird das eine Fortsetzung dieser rot-grünen Regierung sein“, erklärte er am Dienstag nach der Koalitionsrunde mit der Grünen-Spitze. Der SPD-Partei- und Fraktionschef setzte damit nach tagelangem Koalitionsstreit einen Gegenpunkt zu den vielen Distanzsignalen der Sozialdemokraten gegenüber dem kleinen Partner. Grünen-Chefin Claudia Roth mahnte umgekehrt, trotz getrennter Wege im anstehenden Wahlkampf sollten SPD und Grüne nicht vergessen, dass die Regierung nach sieben Jahren wichtige Erfolge vorzuweisen habe und schließlich beide Parteien gemeinsam gegen eine Machtübernahme einer Koalition aus Union und FDP kämpften. Es habe in der Debatte über die Vertrauensfrage des Kanzlers in den vergangenen Tagen zwar „unnötige Querschüsse“ gegeben, doch gebe es bei der Bewertung der Regierungsarbeit keinen Grund für einen „Blick zurück im Zorn“.

Zum umstrittenen Plan Schröders, Anfang Juli die Vertrauensfrage mit dem Ziel von Neuwahlen zu stellen, fanden die Politiker beider Parteien eine gemeinsame Sprachregelung. Während Regierungssprecher Bela Anda am Montag noch erklärt hatte, der Kanzler werde vor dem 1. Juli nur Müntefering über seine genauen Pläne ins Bild setzen, sagte Schröder in der Runde nun nach Angaben Münteferings die „rechtzeitige“ Information von Außenminister Joschka Fischer zu.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Wilhelm Schmidt, wies darauf hin, dass der Kanzler am 29. Juni, also zwei Tage zuvor, wie es die Verfassung vorsieht, den Antrag zur Vertrauensfrage stellen werde. Dann sei klar, ob er sie an eine inhaltliche Frage knüpfe oder allgemein stelle.

Mit seiner Informationspolitik gegenüber dem Bundespräsidenten hatte Schröder zuvor Verwunderung ausgelöst. So kritisierte Horst Köhler, es sei „bemerkenswert“, dass er vom Kanzler erst nach der öffentlichen Bekanntgabe des Plans unterrichtet worden sei. Dies betrifft indessen eine Frage politischen Stils. Verfassungsrechtlich gibt es dafür keine Vorgaben. Das Grundgesetz stellt die Vertrauensfrage ganz unter die Herrschaft des Kanzlers, praktisch muss er sie erst mit Einreichen des Antrags öffentlich machen. Aus dem Grundgesetz abzuleiten ist allenfalls die vorherige Beteiligung des Kabinetts und damit auch des Vizekanzlers Fischer, da in Artikel 69 die Beendigung der Ministerämter an „jede andere Erledigung“ der Amtszeit des Bundeskanzlers geknüpft wird – die spätestens dann endet, wenn nach Neuwahlen ein neuer Bundestag zusammentritt. Würde der Kanzler Details seines Vorhabens zudem vorab vor dem Bundestag erläutern – was er jederzeit dürfte –, liefe er Gefahr, in dessen Planungshoheit für die betreffende Sitzungswoche hineinzupfuschen.

Müntefering machte deshalb deutlich, dass die Einzelheiten allein vom Kanzler und nicht von den Koalitionsfraktionen zu klären seien: „Das ist seine Sache.“ Dahinter könnte auch die Überlegung stehen, dass ein von Partei oder Fraktion abgesprochenes Vorgehen vom Bundespräsidenten als Manipulation verstanden werden könnte und er die Auflösung des Parlaments verweigert. Offen bleibt, wie Schröder das Misstrauen sicherstellen will. Umweltminister Jürgen Trittin hatte in den vergangenen Tagen auf die Möglichkeit hingewiesen, dass sich die Minister enthalten und damit das Verfehlen der „Kanzlermehrheit“ garantieren könnten.

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