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CDU: Erst der Wahlkampf, dann die Währung

Merkel und Schäuble warnen vor Schnellschüssen bei der Rettung des Euro. Ihre Sorge ist es, zwischen den Erwartungen der EU-Partner einerseits und den Befürchtungen in den eigenen Reihen zermalmt zu werden.

Von Antje Sirleschtov

Berlin - Wer den augenblicklichen Grad der Nervosität der schwarz-gelben Koalition hinsichtlich ihrer Europa-Politik ermessen will, der muss nur auf den Terminkalender sehen. Bis zum Treffen der Staats- und Regierungschefs der EU am 24. und 25. März wollen die Europäer ein Gesamtkonzept zur Stabilisierung strauchelnder EU-Länder und für einen neuen Krisenmechanismus erarbeitet haben. Bis dahin droht massiver Ärger für die Kanzlerin und ihre Koalition. Im Inneren, weil, grob gesagt die Deutschen damit rechnen müssen, dass sie die Währungsstabilität noch einmal zusätzliches Geld kosten wird. Aber auch im Äußeren, weil die Nachbarn im verbalen Kampf um das künftige Korsett gemeinsamer Finanz- und Wirtschaftspolitik die deutsche Regierung wohl kaum schonen werden. Und zu allem Überfluss sind zwei Tage nach dem EU-Gipfel, also am 27. März, die Wähler in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und auch in Hessen (Kommunalwahlen) zur Abstimmung gerufen.

Kein Wunder also, dass sowohl Angela Merkel als auch Finanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) in diesen Tagen gebetsmühlenartig für „Gelassenheit“ und „Ruhe“ werben und vor „Schnellschüssen“ warnen. Ihre Sorge ist es, zwischen den Erwartungen und Erfordernissen aus dem Kreis der EU-Partner einerseits und den Befürchtungen angesichts der politischen Folgen in den eigenen Reihen zermalmt zu werden.

Einen ersten Hinweis darauf, wie prekär die Lage ist, konnte man bereits am Dienstag erhalten. Der Finanzminister hatte beim Treffen mit seinen Amtskollegen in Brüssel Forderungen nach einer Aufstockung des Garantierahmens für den europäischen Rettungsfonds nicht grundsätzlich zurückgewiesen. Allenfalls versuchte Schäuble, das Thema aus dem Fokus der Öffentlichkeit zu verdrängen, indem er es einen „Teilaspekt“ des Gesamtpaketes nannte, das man bis März zu verhandeln trachtet. Es scheint wenig wahrscheinlich, dass sich die Deutschen einer solchen Aufstockung des Garantierahmens werden entziehen können – selbst wenn sich Kanzlerin und Finanzminister noch so bemühen, den Eindruck zu erwecken, dies sei gar keine weitere Finanzspritze Deutschlands an die EU-Gemeinschaft. Die Opposition wird die Transaktion genau als eine solche Aufstockung zulasten der Deutschen entlarven. Und die Koalition? Die FDP ließ am Mittwoch bereits verbreiten, dass die Fraktion „einstimmig“ gegen eine solche Aktion sei. Von FDP-Chef Guido Westerwelle heißt es gar, er habe „überhaupt kein Verständnis“ für eine solche Erweiterung des Kreditrahmens. Er halte es insbesondere deshalb für „kontraproduktiv“, weil dies den hoch verschuldeten Ländern erneut das Zeichen senden würde, dass die stärkeren Partner in Europa die schwächeren im Zweifel immer wieder herauspauken. Und auch in der Union, speziell in der CSU, hieß es, man sei gar nicht begeistert über die Aussicht, den Wählern zwei Tage vor der Landtagswahl gestehen zu müssen, dass zur Rettung des Euro nun doch noch ein Nachschlag aus dem Bundeshaushalt nötig wird.

Wollen Merkel und Schäuble die ernsthaften Besorgnisse ihrer Koalitionsfraktionen zerstreuen, werden sie ihren EU-Verhandlungspartnern also härtere Zugeständnisse beim Thema Schuldenabbau, Sanktionen für Haushaltssünder und vor allem bei der Wettbewerbsfähigkeit und der gemeinsamen Wirtschaftspolitik abringen müssen. Ob ihnen das allerdings gelingen wird, ist fraglich. Schon einmal, im vergangenen Jahr, musste sich Merkel uneuropäisches Verhalten vorwerfen lassen. Und es gibt neben den Europäern und den Koalitionären noch einen dritten – unberechenbaren – Partner: die Finanzmärkte, die nervös jede Äußerung und politische Bewegung der kommenden drei Monate verfolgen werden.

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