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Politik: Erst schlachten, dann fliegen

Irgendwie nehmen sie die Sache in England ernster. Oder liegt es daran, dass Angela Merkel lieber in Mecklenburg Urlaub macht und nicht wie Tony Blair in Florida?

Irgendwie nehmen sie die Sache in England ernster. Oder liegt es daran, dass Angela Merkel lieber in Mecklenburg Urlaub macht und nicht wie Tony Blair in Florida? Denn wenn sie mit dem Dienstwagen irgendwo in der Walachei verschwindet, kümmert sich niemand darum, wie viel Sprit dafür verbrannt wird. Fliegt aber Blair privat nach Amerika, hat er nicht nur penetrante Paparazzi am Hals, die ihn und seine Frau unvorteilhaft beim Baden ablichten, sondern auch die Kyoto-Polizei. Das mit dem Florida-Fliegen gehe so nicht, meint ein Abgeordneter seiner eigenen Partei, der die Fratze des Kapitalismus erblickt, wenn er ein Flugzeug von Ryanair sieht.

Blair hat nun seinen Urlaub nachträglich klimaneutral gestaltet und Geld für Aufforstungsprojekte gestiftet, deutlich mehr als die 11 Pfund 84, die ihm „carbonneutral.com“ für einen vollen Ablass (London–Miami und zurück, pro Person) in Rechnung stellt. Aber kann es die Lösung sein, das ganze Vereinigte Königreich von den Hebriden bis an die weißen Klippen von Dover mit Bäumen vollzustellen?

Der britische Kolumnist Boris Johnston ist jetzt mit einem wirksameren Vorschlag an die Öffentlichkeit getreten: Methan ist um ein Vielfaches gefährlicher als Kohlendioxid, rechnet er vor, und eine durchschnittliche Kuh stößt davon etwa 90 Kilogramm pro Jahr aus. Eine vierköpfige Familie könne also mit gutem Gewissen um die Welt und zurückfliegen, wenn sie zuvor eine Kuh schlachte. Damit das nicht so brutal ausschaut, schlägt Johnson ein hübsches Ritual vor: Das Tier sollte, mit bunten Bändern und Schleifchen geschmückt, zum Opferplatz gebracht und dort sanft abgestochen werden – damit entspräche man auch dem unterschwellig religiösen Charakter der gesamten Debatte.

Sollte sich dies durchsetzen, wäre das Weltklima merklich entlastet. Es hätte aber Konsequenzen für unsere Flughäfen. Neben jedem Check-in-Schalter eine Kuhopferanlage, das ist nur schwer vorstellbar, und auch in der Nähe der Sicherheitsschleusen ließe sich so etwas kaum unterbringen. Schweine oder Ziegen wären platzsparender, würden aber als Klimaäquivalent für Langstreckenflüge womöglich nicht ausreichen. Immerhin ist es noch nicht zu spät dafür, beim Bau des Flughafens Berlin-Brandenburg entsprechende Stallanlagen vorzusehen.

Viele werden sagen: Bäh, dann fliege ich nicht mehr. Umso besser! Denn dann hätte Mecklenburg viele zusätzliche Urlauber, das ist strukturpolitisch wünschenswert. Angela Merkel und ihre Leute müssten allerdings ein wenig zusammenrücken.

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