
© dpa/Michael Kappeler
„Noch nicht China-Speed“: Bundesregierung will Infrastruktur schneller ausbauen – und dafür das Klagerecht einschränken
Schwarz-Rot hat Beschlüsse zu mehr Tempo bei Infrastrukturprojekten und zur Altersvorsorge getroffen. Außerdem sollen bis Ende Januar 2026 Eckpunkte für eine Reform des Heizungsgesetzes vorgelegt werden.
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Die Bundesregierung will den Ausbau der Infrastruktur drastisch vorantreiben. Die Beseitigung aller Engpässe werde zum überragenden öffentlichen Interesse erklärt, sagte Kanzler Friedrich Merz nach einer Sitzung des Koalitionsausschusses am Donnerstag in Berlin.
Die Spitzen der Koalition hätten sich darauf verständigt, dass die Elektrifizierung von Bahnstrecken bis hin zum Ausbau von Lkw-Parkplätzen im überragenden Interesse sei und damit beschleunigt werden könne. „Insbesondere dann, wenn es gefordert wird, dann liefern wir“, sagte auch CSU-Chef Markus Söder.
„Für Klagen gegen Infrastrukturprojekte gelten künftig klarere Regeln, etwa zur Streitbeilegung, zur Rolle der Behörden und zum Wegfall der aufschiebenden Wirkung“, steht in dem am Donnerstag veröffentlichten Ergebnispapier.
Einwendungen sollen demnach nur noch zählen, „wenn sich die betreffende Person oder Vereinigung bereits im Verwaltungsverfahren beteiligt hat“. Dies beuge Missbrauch vor. Einen entsprechenden Gesetzesentwurf will die Koalition „spätestens am 28. Februar 2026“ beschließen.
Um „alle wichtigen Infrastrukturvorhaben“ schneller zu bauen, soll die Regierung kommende Woche den Entwurf eines „Infrastruktur-Zukunftsgesetzes“ im Kabinett beschließen, heißt es weiter.
Demnach sollen „alle Vorhaben zur Engpassbeseitigung bei den Bundesverkehrswegen, alle Schienenvorhaben, Vorhaben zum Neubau von Bundesautobahnen sowie zum vierstreifigen Neubau von Bundesstraßen, alle laufenden und fest disponierten Bundeswasserstraßen-Vorhaben, Ersatzneubauten von Brücken sowie der Neu- und Ausbau von dringend benötigten Lkw-Parkplätzen“ in das „überragende öffentliche Interesse“ gestellt werden.
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Für Planung und Bau von Straßen und Wasserstraßen soll – wie schon bei der Schiene – der Artenschutz „standardisiert“ werden, wie es in dem Papier weiter heißt. Elektrifizierungen von Bahnstrecken mit einer Länge von unter 60 Kilometern sollen von der Umweltverträglichkeitsprüfung freigestellt werden.
Neues Heizungsgesetz soll im Februar kommen
Die schwarz-rote Koalition will bis Ende Februar ein neues Heizungsgesetz beschließen. Das von der Ampel-Regierung beschlossene Heizungsgesetz werde damit abgeschafft, die Neuregelung solle die Modernisierung im Gebäudeenergiebereich „technologieoffener, flexibler und einfacher“ gestalten: Dies geht aus dem Ergebnispapier des Koalitionsausschusses vom Mittwochabend hervor, das der Nachrichtenagentur AFP am Donnerstag vorlag.
Beim Gebäudeenergiegesetz (GEG), oft als Heizungsgesetz bezeichnet, gibt es allerdings noch Differenzen innerhalb der Koalition. Dabei geht es um die zentrale Vorgabe, dass neue Heizungen nur eingebaut werden dürfen, wenn sie zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Es gibt umfassende Übergangs- und Ausnahmeregelungen. Funktionierende Heizungen können weiter betrieben werden.
In dem Papier zum Koalitionsausschuss heißt es, die Bundesregierung werde Ende Februar die Novelle des Gebäudemodernisierungsgesetzes beschließen. Das neue Gebäudemodernisierungsgesetz solle technologieoffener, flexibler und einfacher werden.
Weiter hieß es, anknüpfend an den Beschluss des Koalitionsausschusses von Ende November, die Koalition wolle die private Altersvorsorge der jungen Menschen zusätzlich stärken, die bisher in vielen Fällen noch keine Altersvorsorgeverträge geschlossen haben. Die Förderung zur Reform der privaten Altersvorsorge solle verbessert werden.
Söder: Koalition liefert am laufenden Band
CSU-Chef Markus Söder sieht die schwarz-rote Koalition zum Ende des Jahres voll auf Kurs, trotz aller Querelen in den vergangenen Wochen. „Wir liefern eigentlich am laufenden Band“, sagte Söder nach einer Sitzung des Koalitionsausschusses in Berlin. „Die Gesetzesmaschine läuft und läuft.“
Er verwies unter anderem auf viele zentrale Entscheidungen in der Migrations-, Wirtschafts- und Energiepolitik. „Wir haben immer wieder dicke Brocken geschafft.“ Radikale bräuchten sich jedenfalls keine Hoffnungen zu machen.
Söder lobte konkret die Entscheidungen aus der Nacht zu mehr Tempo bei Infrastrukturprojekten. „Es ist noch nicht China-Speed“, sagte der CSU-Chef, aber es sei ein großer Schritt voran. Bürokratie werde ebenso abgebaut wie überzogene Regelungen etwa beim Umwelt- und Artenschutz.
Merz: „So umfangreiche Reformen hat es noch nie gegeben“
Auch Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat die Bilanz seiner Regierung verteidigt. „Ich finde, dass wir mittlerweile in der Koalition wirklich gut, auch persönlich gut zusammenarbeiten“, sagte Merz am Donnerstag in Berlin. Er wies dabei zurück, dass der angekündigte „Herbst der Reformen“ nicht stattgefunden habe. „So umfangreiche Reformen (…) hat es in Deutschland noch nie gegeben.“
Dass dies teils noch in Gesetze gebracht werden muss, damit es wirken könne, „das ist völlig klar“, sagte Merz. „Aber das werden wir im nächsten Jahr. Da bin ich sehr zuversichtlich.“ Der Kanzler wies zurück, dass es schwerwiegende Konflikte in der Koalition aus CDU, CSU und SPD gebe. „Da ist vieles als Streit interpretiert worden, das notwendige Auseinandersetzung war in der Sache.“
Er finde, dass die Koalition „wirklich mit einer guten Bilanz aus dem Jahr 2025 heraus- und in das Jahr 2026 hineingehen“ könne, sagte Merz. „Wir haben uns in vielen Beschlüssen einen wirklich umfangreichen Kurs der Modernisierung und Dynamisierung unserer Gesellschaft und unseres Staates vorgenommen.“ Er sei zuversichtlich, dass es gelinge, „im nächsten Jahr weitere Reformschritte zu tun“. Merz verwies dabei unter anderem auf umfangreiche Reformen des Sozialstaats. (AFP/Reuters/dpa)
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