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Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans im SPD-Präsidium

© Kay Nietfeld/dpa

Schwieriger Start der SPD-Spitze: Esken und Walter-Borjans sind händeringend auf Erfolge angewiesen

Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans sind auch gewählt worden, weil sie härter mit der Union umgehen wollten. Nun müssen sie beweisen, dass sie das können.

Von Hans Monath

Die beiden SPD-Vorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans sind und bleiben unterschiedliche Temperamente. Die Baden-Württembergerin agiert gerne forsch, manchmal auch nassforsch; der Nordrhein-Westfale redet oft weniger entschieden und damit auch vermittelnder als seine Kollegin.

Während ihrer ersten Pressekonferenz im neuen Jahr wurden die beiden im Dezember gewählten Parteichefs auf den Austritt des stellvertretenden Essener SPD-Vorsitzenden Karlheinz Endruschat angesprochen, der die Partei vor wenigen Tagen verlassen hatte. Die SPD habe kein Interesse, die Probleme rund um die Zuwanderung auch nur anzuerkennen, hatte der frühere Sozialarbeiter geklagt.

Für die Sozialdemokratie ist das keine gute Nachricht, denn in ihrer ehemaligen Hochburg NRW und damit auch in Essen stehen Mitte September Kommunalwahlen an.

Doch Esken tat den Vorgang am Montag lässig ab. „Es gibt jeden Tag Beitritte zur SPD, es gibt jeden Tag Austritte“, meinte sie. Wer damit nicht einverstanden sei, dass die SPD Geflüchteten aus humanitären Gründen Schutz in Deutschland biete, „der findet möglicherweise woanders eine politische Heimat“, ließ sie wissen.

Schutzsuchenden verpflichtet

Das klang, als wollte sie dem langjährigen Genossen und offenbar beliebten Bürgerversteher aus dem Essener Norden eine gute Reise auf dem Weg zur AfD wünschen.

Auch Walter-Borjans sprach von der „humanitären Verpflichtung“ Deutschlands gegenüber Schutzsuchenden, bemühte sich aber zumindest darum, eine gedankliche Brücke zu bauen. Er wisse sehr gut, dass Integration und Ausbildung von Flüchtlingen „nicht einfach“ seien, insofern gehe Endruschats Vorwurf ins Leere, sagte der SPD-Politiker, der als früherer Landesfinanzminister die Lage in NRW gut kennt. Wer sich aber grundsätzlich gegen die humanitäre Verpflichtung stelle, habe Schwierigkeiten mit den sozialdemokratischen Grundwerten.

Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans nach ihrer Wahl zu SPD-Vorsitzenden auf dem Parteitag.

© Tobias Schwarz/AFP

Im Mittelpunkt der Präsidiumssitzung, über die Esken und Walter-Borjans berichteten, standen nicht der Essener Endruschat und die Migrationspolitik. Die engste SPD-Führung beriet vielmehr darüber, welche Themen sie im laufenden Jahr nach vorne bringen und mit welchen Forderungen sie die Union im Koalitionsausschuss konfrontieren will. Händeringend sind die Neulinge im Willy-Brandt- Haus auf Erfolge angewiesen. Denn sie hatten versprochen, mit härteren Ansagen gegenüber CDU und CSU bessere Ergebnisse als Finanzminister Olaf Scholz, ihr Gegenkandidat, zu erzielen.

Hamburger SPD bittet um Rücksicht

Den Begriff „Ausstieg aus der Koalition“ nimmt aber keiner der beiden Vorsitzenden mehr in den Mund, obwohl sie ihren Sieg beim Mitgliederentscheid im vergangenen Jahr auch jenen Genossen verdanken, die der ewigen Kompromisse mit der Union überdrüssig waren.

Doch wenn sie politisch wirken wollen, so mussten Esken und Walter-Borjans erfahren, sind sie auf die Zusammenarbeit mit der Bundestagsfraktion und den SPD-Ministern angewiesen, denen der Sinn nicht nach Neuwahlen steht. Zudem haben die sozialdemokratischen Wahlkämpfer aus Hamburg die Parteichefs eindringlich um Rücksicht gebeten. Als Redner eingeladen sind sie dazu nicht – die Hanseaten wollen ihre Eigenständigkeit betonen.

Für den Koalitionsausschuss vom Mittwoch dieser Woche hat sich die SPD-Führung die Themen „gute Arbeit“ und höhere Investitionen vorgenommen. Es ist das zweite Treffen der neuen SPD-Chefs mit der Union seit dem „Kennenlerntermin“ vom Dezember. Der Mindestlohn soll „perspektivisch“ auf zwölf Euro ansteigen. Zudem will die SPD die Tarifbindung stärken, etwa durch ein Gesetz, in dem der Bund Ausschreibungen an die Einhaltung von Tariflöhnen bindet.

Walter-Borjans bekräftigte die Forderung, bis 2030 müssten Bund, Länder und Kommunen zusätzliche 450 Milliarden Euro investieren. Zuvor sollten hoch verschuldete Kommunen von ihren Altschulden befreit werden, damit Investitionsmittel auch abfließen könnten. Beim Koalitionsausschuss im März will die SPD dann über Klimaschutz und „demokratische Digitalisierung“ sprechen.

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