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Teilnehmer verschiedener Organisationen protestieren mit einer Mahnwache gegen die geplante Asylreform beim 38. Deutschen Evangelischen Kirchentag.

© dpa/Daniel Karmann

EU-Asylkompromiss: Eine kleine Schockwelle auf dem Evangelischen Kirchentag

Wie soll Deutschland, wie sollen die Kirchen mit dem EU-Asylbeschluss umgehen? Fragen, die auch die Teilnehmer des Protestantentreffens in Nürnberg umtrieben.

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„Man lässt keine Menschen ertrinken“, sagt Kristin Jahn. „Man lässt keine Menschen vor der Haustür verenden – in dieser Haltung sind hier die Menschen unterwegs.“ Jahn ist Generalsekretärin des Deutschen Evangelischen Kirchentags, zu dem noch bis Sonntag mehr als 50.000 Dauerteilnehmer und unzählige Tagesgäste in Nürnberg zusammenkommen. 

Auf die Teilnehmer des Protestantentreffens wirkte der nächtliche Asylkompromiss der EU-Innenminister wie eine kleine Schockwelle: Noch 2019, beim Dortmunder Kirchentag, hatten die evangelischen Christen eine Resolution beschlossen, die am Ende dafür sorgte, dass die Evangelische Kirche heute Seenotrettungsschiffe im Mittelmeerraum unterstützt. Und am Donnerstag hatte der ehemalige EKD-Ratsvorsitzende und bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm die Pläne für mögliche Lager zur Durchführung von Asylverfahren an den EU-Außengrenzen kritisiert.

Die rote Linie ist das Völkerrecht. Die aktuelle Lösung wird den Anforderungen nicht gerecht.

Sergey Lagodinsky, Berliner Europaabgeordneter über den Asylkompromiss

Doch wie soll Deutschland, wie sollen die Kirchen nun mit dem Beschluss umgehen? Merkwürdig still war es in der großen Messehalle sechs des Nürnberger Messegeländes, als die Europaabgeordnete Katharina Barley am Freitag den erzielten Verteilmechanismus würdigte. „Malta ist ein Felsen mit 400.000 Leuten darauf, und bisher hilft ihnen niemand“, sagte Barley. „Es ist das erste Mal, dass sich alle Regierungen auf einen bindenden Verteilmechanismus einigen – das ist historisch.“

Früher wäre die Sozialdemokratin auf einem Kirchentag für solche Äußerungen ausgebuht worden. In Nürnberg war zu spüren, dass die Besucher bereit waren, zu differenzieren. Applaus gab es allerdings vor allem für den Berliner Europaabgeordneten Sergey Lagodinsky, der dem Asylkompromiss mit seiner Verpflichtung zu Verfahren an den Außengrenzen einen Verstoß gegen das Völkerrecht attestierte. „Die rote Linie ist das Völkerrecht“, sagte Lagodinsky. „Die aktuelle Lösung wird den Anforderungen nicht gerecht.“

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