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Atomstreit: EU droht mit Abbruch der Gespräche

Die Europäische Union hat Iran mit dem Abbruch der Verhandlungen über ein umfassendes bilaterales Abkommen gedroht, falls Teheran die Arbeit in der Atomanlage von Isfahan - wie angekündigt - wieder aufnimmt.

Wien/Teheran/Berlin (02.08.2005, 16:16 Uhr) -Der Konflikt zwischen der EU und Iran wegen der jüngsten Atompläne Teherans hat sich dramatisch zugespitzt. Im Falle eines Neustarts des Atomprogramms werde die EU schon in den nächsten Tagen eine Sondersitzung des Gouverneursrats der UN-Atombehörde IAEO in Wien beantragen, um «andere Maßnahmen (gegen Iran) zu beschließen», heißt es in einem Brief der EU an den iranischen Chefunterhändler Hassan Rowhani, der von den Außenministern Frankreichs, Deutschlands und Großbritanniens sowie dem EU-Beauftragten für Außenpolitik Javier Solana unterzeichnet ist. Das in ungewöhnlich deutlicher Sprache formulierte Schreiben wurde Rowhani am Dienstag in Teheran übergeben.

Auch Bundeskanzler Gerhard Schröder warnte Iran vor der Wiederaufnahme seines seit Dezember 2004 ausgesetzten Atomprogramms. Sprecher der iranischen Regierung bekräftigten jedoch am Dienstag, die Entscheidung zur Wiederaufnahme der Uran-Umwandlung in Isfahan sei «irreversibel». Inspekteure der Internationalen Atomenergie-Organisation begannen in Isfahan inzwischen mit den Vorbereitungen zur Überwachung der Atomanlage. Diese Arbeiten könnten jedoch bis zu einer Woche in Anspruch nehmen, sagte IAEO-Sprecherin Melissa Fleming in Wien.

In dem Brief an Rowhani weist die EU darauf hin, dass die Wiederaufnahme der Uran-Umwandlung «einen Bruch des Pariser Abkommens (zwischen Iran und der EU)» vom November 2004 darstelle. Darin habe sich Teheran verpflichtet, alle Aktivitäten zur Herstellung atomaren Brennstoffs auszusetzen, «insbesondere (...) alle Tests oder die Produktion in seiner Uran-Umwandlungsanlage». In Isfahan wird Uran in das Gas Uranhexafluorid umgewandelt. Aus diesem Grundstoff kann mit Gaszentrifugen angereichertes Uran hergestellt werden, das - je nach Anreicherungsgrad - auch zur Herstellung von Atomwaffen verwendet werden kann.

Nach Meinung der EU würde die Wiederaufnahme des iranischen Atomprogramms «die internationale Besorgnis über die wahren Absichten des iranischen Atomprogramms erhöhen». Die EU wollte Iran in den nächsten Tagen Vorschläge für ein Abkommen unterbreiten, das umfassende Kooperation im politischen und Sicherheitsbereich enthalten und «die Entwicklung eines sinnvollen, zivilen Atomprogramms» Irans unterstützen würde, das den Vorschriften des Atomwaffensperrvertrags entspräche. «Wir fürchten, dass der von Iran jetzt vorgeschlagene Schritt unseren Dialog beendet, bevor wir diese detaillierten Vorschläge präsentieren können», heißt es in dem Schreiben.

Bundeskanzler Schröder warnte die iranische Führung am Dienstag in bislang deutlichster Form vor der Wiederaufnahme der Uran-Umwandlung. Die Regierung in Teheran habe «keine Chance, die Europäer im dieser Frage gegeneinander auszuspielen und den Westen zu spalten», sagte Schröder in Berlin. Die Europäer seien «zu weitgehenden wirtschaftlichen Zugeständnissen bereit». Sie erwarteten aber auch von der Führung in Teheran ein «deutliches Entgegenkommen».

Der scheidende iranische Präsident Mohammed Chatami bekräftigte am Dienstag die Entscheidung zur Wiederaufnahme der Uranumwandlung durch sein Land. Zuvor sollte aber sorgfältig mit der EU verhandelt werden. Die künftigen Entscheidungen müsse aber sein Nachfolger Mahmud Ahmadinedschad treffen. Iran wirft der EU vor, das Land grundsätzlich an der Urananreicherung hindern zu wollen. Iran habe jedoch ein Recht auf ein eigenes Atomprogramm, das ausschließlich für zivile Zwecke diene. (tso)

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