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Duell der EU-Spitzenkandidaten: Der EVP-Mann Manfred Weber (links) und der Sozialdemokrat Frans Timmermans.

© AFP

EU-Spitzenkandidaten im TV-Duell: Angriffslustiger Timmermans trifft auf moderaten Weber

Im deutschen TV-Duell der EU-Spitzenkandidaten gab es vor allem bei den Themen Flüchtlinge und Klima Kontroversen. Weber will keine CO2-Steuer.

Knapp drei Wochen vor der Europawahl hatten Manfred Weber und Frans Timmermans am Dienstag zum ersten Mal die Möglichkeit, sich bei einem Duell im deutschen Fernsehen zu präsentieren. Sowohl der CSU-Vize Weber als auch der Niederländer Timmermans, der Erste Vizepräsident der EU-Kommission, wollen die Nachfolge von EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker antreten.

Allerdings haben sowohl der konservative Spitzenkandidat Weber von der Europäischen Volkspartei (EVP) als auch sein sozialdemokratischer Gegenspieler Timmermans ein Problem: Rund ein Viertel der Deutschen kennt laut Umfragen einen oder sogar beide Kandidaten nicht.

Das Duell vom Dienstagabend bot den beiden die Gelegenheit, dies zu ändern. Gleich zu Beginn gab es Streit zwischen dem Christsozialen und dem Sozialdemokraten – beim Thema Klimaschutz. Timmermans sprach sich für eine europaweite CO2-Steuer aus und beteuerte, er werde als Kommissionspräsident persönlich die Verantwortung für den Klimaschutz übernehmen.

An der Energiewende führe kein Weg vorbei, sagte Timmermans – auch wenn er als Enkelkind aus einer Bergarbeiterfamilie wisse, was es bedeute, wenn eine Zeche geschlossen werde.

Weber lehnte eine CO2-Steuer mit der Begründung ab, dass dies zu höheren Benzin- und Heizölpreisen führen werde. „Ich bekenne mich zu den Klimazielen“, sagte Weber. Der gelernte Umweltingenieur sprach sich aber anders als Timmermans dafür aus, im Rahmen des europäischen Emissionshandels die Verschmutzung zu bepreisen.

Anschließend versuchte Timmermans, einen Wirkungstreffer zu landen. Er warf Weber und den übrigen Vertretern der konservativen EVP vor, sich beim Klimaschutz wie „Dinos“ zu verhalten. Weber, der bei der Frage-Antwort-Runde verhaltener auftrat als sein Kontrahent, parierte dies mit den Worten, dass der Klimaschutz auch bei den Konservativen oben auf der Agenda stehe: „Außer ein paar rechten Spinnern weiß jeder, dass das ein existenzielles Thema für uns ist.“

Timmermans gegen Frontex-Aufstockung

Auch beim zweiten Themenblock, bei dem es um die Flüchtlingspolitik ging, lieferten sich die Spitzenkandidaten eine lebhafte Debatte. In erster Linie war es Timmermans, der Klartext redete. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) habe mit ihrer Politik in den Jahren 2015 und 2016 „Europa gerettet damals mit ihrer Menschlichkeit“. Allerdings geriet er etwas in die Defensive, als er nach der Position der Sozialdemokraten angesichts der von Weber geforderten Aufstockung der EU-Grenzschutzbehörde Frontex auf 10.000 Beamte gefragt wurde. Timmermans ist gegen die Einstellung zusätzlicher Frontex-Beamter. Dafür will er „mehr Zusammenarbeit der Polizeibehörden“.

Insgesamt zeigte sich Timmermans bei der Debatte, bei der es anschließend um ein Lobbyregister für EU-Abgeordnete und transnationale Listen zur Europawahl ging, angriffslustiger. Das erklärt sich aus den Meinungsumfragen: Nach derzeitigem Stand kann die konservative EVP-Fraktion mit 23 Prozent der Sitze in Straßburg rechnen und liegt vor den Sozialdemokraten, die auf 18,5 Prozent kommen.

Klage über EU-Bürokratie

Einen interessanten Einblick in die Auswüchse europäischer Bürokratie lieferte die Frage aus dem Publikum, ob denn wirklich so genannte A1-Bescheinigung bei Dienstreisen ins EU-Ausland nötig seien. Inzwischen gibt es Kontrollen zu dieser Bescheinigung, mit der nachgewiesen wird, dass Arbeitnehmer den deutschen Sozialversicherungsvorschriften unterliegen. Die Kontrollen sind offenbar ein Auswuchs der auf Wunsch des französischen Präsidenten Emmanuel Macron zu Stande gekommen Überarbeitung der Entsenderichtlinie. Sowohl Timmermans als auch Weber versprachen, die unnötige EU-Bürokratie an dieser Stelle wieder abzubauen.

Einigkeit herrschte zwischen den beiden auch in dem Wunsch, Digitalkonzerne wie Google und Amazon in der EU stärker zu besteuern. Dass dazu unter den EU-Staaten möglicherweise auch Mehrheitsentscheidungen nötig sind, ist für Weber kein Problem. „Prima“, sagte Timmermans dazu. Keinen Dissens gab es zwischen dem Kandidaten aus Deutschland und seinem Widerpart aus den Niederlanden auch darüber, dass die Rolle des Europaparlaments künftig gestärkt werden soll.

Eine versteckte Spitze gegen Weber

Gegen Ende der Wahlarena landete Timmermans noch eine versteckte Spitze gegen seinen Kontrahenten. Als das Thema der Gleichberechtigung aufgerufen wurde, meinte der Niederländer: „Es wäre auch nett, wenn es mal eine Kommissarin aus Deutschland gibt“. Allerdings: Damit eine Frau aus Deutschland am Tisch der Kommission Platz nehmen kann, müsste Weber seine Ambitionen auf die Juncker-Nachfolge vorher begraben.

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