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Politik: Fragen an die Lauscher

Berlin - Das Eingeständnis von BND- Chef August Hanning, dass der Bundesnachrichtendienst 1993 und 1994 Journalisten bespitzelte, um undichte Stellen im eigenen Apparat aufzudecken, hat unter Politikern und Experten Empörung ausgelöst. FDP-Rechtsexperte Max Stadler sprach von einer „skandalösen Beeinträchtigung journalistischer Arbeit“.

Von
  • Frank Jansen
  • Michael Schmidt

Berlin - Das Eingeständnis von BND- Chef August Hanning, dass der Bundesnachrichtendienst 1993 und 1994 Journalisten bespitzelte, um undichte Stellen im eigenen Apparat aufzudecken, hat unter Politikern und Experten Empörung ausgelöst. FDP-Rechtsexperte Max Stadler sprach von einer „skandalösen Beeinträchtigung journalistischer Arbeit“. Der Bündnisgrüne Christian Ströbele sagte dem Tagesspiegel, ein solcher Vorgang sei mit den Aufgaben und Befugnissen des BND nicht vereinbar: „Dafür gibt es keine gesetzliche Grundlage“. Als Auslandsgeheimdienst habe der BND keine Aufklärungsarbeit im Inland zu tätigen.

Stadler nannte die bisherigen Auskünfte des BND „völlig unzureichend“. Es sei jetzt an Hanning, aber auch an der Bundesregierung, namentlich am Bundeskanzleramt, für Aufklärung zu sorgen. Was ist tatsächlich passiert? Welchen Umfang hatten die Bespitzelungsmaßnahmen? Und vor allem: Wer wusste davon? Stadler sagte, der Vorgang sei so schwerwiegend, „dass man annehmen muss, der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl war informiert.“

BND-Chef Hanning hatte am Donnerstag darauf verwiesen, die Behörde habe das Recht und die Pflicht, Sicherheitsverstöße von Mitarbeitern zu ermitteln. Dabei seien wohl auch Journalisten „in die Optik“ der Ermittler geraten. Es gebe bei der Eigensicherung eine „Grauzone“. Dieses Argument will FDP-Rechtsexperte Stadler nicht gelten lassen: „Wenn es, wie behauptet, um undichte Stellen ging, heißt das doch, es ging um Geheimnisverrat.“ Dann aber seien die Strafverfolgungsbehörden zuständig, und nicht der Geheimdienst selbst. „Ich möchte also wissen: War die Polizei eingeschaltet?“, sagte Stadler. Wurde das Bundesinnenministerium kontaktiert und gefragt, ob es der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens seine Zustimmung erteilt?

Kritik äußerte auch der Vorsitzende des Republikanischen Anwältinnen- und Anwälteverein, Wolfgang Kaleck. Es sei nicht nur ein Skandal, dass der BND Journalisten bespitzelte, „sondern auch, dass es erst elf Jahre später herauskommt“, so Kaleck. Unterdessen betonte ein hochrangiger Sicherheitsexperte, es gebe keine Anzeichen dafür, dass der BND neben dem „Kernanliegen“, die Weitergabe sensibler Informationen durch Mitarbeiter aufzudecken, etwas anderes betrieben habe. Es sei aber dahingestellt, „ob damals alles so professionell gelaufen ist“.

Ein BND-Sprecher kündigte an, Hanning wolle sich „in nächster Zeit" mit den Journalisten treffen. mis/fan

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