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Politik: Frankreichs Sozialisten im Aufwind Opposition macht sich

in La Rochelle Mut

Berlin - Bei Frankreichs Oppositionsparteien läuft sich das Spitzenpersonal warm für den Präsidentschaftswahlkampf 2012. Zunächst machten die Grünen von sich reden – bei der Öko-Partei möchte die frühere Untersuchungsrichterin Eva Joly gern im übernächsten Jahr den Wahlkampf bestreiten. Am vergangenen Wochenende kamen nun Frankreichs Sozialisten zur Sommeruniversität in La Rochelle an der Atlantikküste zusammen. Das Treffen ist ein jährliches Ritual, das sich zwischen sozialistischer Selbstfindung und Hochamt bewegt. In der Regel wird es von innerparteilichen Flügelkämpfen beherrscht, aber diesmal ging es überraschend friedlich zu.

Dabei hat die Partei noch eine schwierige Aufgabe vor sich; im Herbst des kommenden Jahres muss sie sich entscheiden, wer für die Sozialisten 2012 als Präsidentschaftskandidat antreten soll. Dabei kursierten in La Rochelle vor allem drei Namen: Dominique Strauss-Kahn, der Chef des Weltwährungsfonds, Martine Aubry, die Parteivorsitzende, und Ségolène Royal, die im Rennen gegen Nicolas Sarkozy gescheiterte Kandidatin des Jahres 2007. Parteichefin Aubry kritisierte zum Abschluss des Treffens am Sonntag in scharfer Form die von Präsident Sarkozy angeordnete Räumung wilder Roma-Siedlungen. Die Ausweisung der Roma sei eine „Schande“, sagte sie. Sarkozys hartes Vorgehen sei „eines Präsidenten der Republik nicht würdig“.

Dass sich die Sozialisten in La Rochelle so angriffslustig zeigten, liegt vor allem am Umfragetief Sarkozys. Nach einer Erhebung des Meinungsforschungsinstituts Ipsos wollen 62 Prozent der Franzosen nicht, dass Sarkozy 2012 zur Wiederwahl antritt – die Quittung für die schleppende wirtschaftliche Entwicklung und die Parteispendenaffäre um die Regierungspartei UMP.

Zwar ist das letzte Wort über Sarkozys tatsächliche Chancen 20 Monate vor der Wahl noch lange nicht gesprochen. Aber die Sozialisten, Frankreichs stärkste Oppositionspartei, wittern schon seit Monaten Morgenluft. Seit Beginn des Jahres kann Sarkozy nur schwache Zustimmungsraten zwischen 30 und 35 Prozent vorweisen. Dagegen sonnt sich bei den Sozialisten vor allem der frühere Finanzminister Strauss-Kahn in den Umfragen: Im direkten Vergleich mit dem Staatschef hätte der IWF-Direktor nach gegenwärtigem Stand die Nase vorn. Auch Sozialisten-Chefin Aubry erfreut sich, wenn auch mit Abstrichen, derzeit größerer Beliebtheit als der Amtsinhaber im Elysée-Palast.

Sowohl Aubry als auch Strauss-Kahn wollen bis zum Anfang des kommenden Jahres bekannt geben, ob sie für eine Präsidentschaftskandidatur bereitstehen oder nicht. Eine ähnliche Zerreißprobe wie bei der Kandidaten-Urwahl vor vier Jahren wollen sich die Sozialisten aber diesmal ersparen: Strauss-Kahn und Aubry haben bereits einen Pakt geschlossen, wonach sie nicht gegeneinander antreten werden. Albrecht Meier

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