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Die Mitgründerin der Ost-Grünen und langjährige Spitzenpolitikerin ihrer Partei in Sachsen, Antje Hermenau

© dpa/Matthias Hiekel

Update

Grüne: Frühere sächsische Spitzenpolitikerin Antje Hermenau verlässt Partei

Antje Hermenau warb vehement für ein Bündnis ihrer Grünen mit der CDU, kam aber damit nicht durch. Nun hat die Mitgründerin der Ost-Grünen ihre Partei verlassen.

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Die Nachricht kommt nicht überraschend: Die langjährige sächsische Spitzen-Grüne Antje Hermenau tritt aus ihrer Partei aus. „Nach einem Vierteljahrhundert verlasse ich die Grünen“, sagte sie der "Zeit". Ihr Versuch, sich an die Grünen anzupassen, sei gescheitert. Damit zog sie nach ihrem Ausscheiden aus der aktiven Politik (sie legte im September ihr Landtagsmandat nieder) nun eine weitere Konsequenz ihrer zunehmenden Entfremdung von der Partei, die sie vor 25 Jahren in der DDR mitgegründet hatte. Hermenau, die von 2004 bis 2014 Fraktionschefin der Grünen im sächsischen Landtag war, begründete ihren Austritt unter anderem mit dem Scheitern möglicher schwarz-grüner Bündnisse. „Ich habe ein Vierteljahrhundert meines Lebens dafür gestritten, entspannt mit der CDU umzugehen“, sagte sie. „Ein schwarz-grünes Bündnis ist für die Partei existenziell. Man muss das wirklich wollen, aus freien Stücken, und darf nicht wahltaktisch herummanövrieren. Aber dafür gibt es bei den Grünen einfach keine Mehrheiten.“ 

Spitzenkandidatin in Sachsen

Das hatte Hermenau nach dem von ihr recht engagiert geführten Wahlkampf im vorigen Jahr schmerzhaft zu spüren bekommen. Sie hatte als Spitzenkandidatin durchgesetzt, dass die Partei in Sachsen keine Koalitionsaussage trifft und damit Offenheit für Schwarz-Grün zeigt. Die Spitzenkandidatin selbst hatte ein Bündnis mit der CDU durchaus angestrebt und vermittelte den Eindruck, ihre Partei hier mitnehmen zu können. Dem war aber nicht so: Obwohl eine Koalition mit der CDU von Ministerpräsident Stanislaw Tillich möglich gewesen wäre, zeigte sich schnell, dass die Mehrheit der Sachsen-Grünen, jedenfalls in der Parteiführung, das nicht wollten. Eine Begründung lautete, dass das Wahlergebnis schlechter ausgefallen war, als es die Umfragen lange Zeit suggeriert hatten. Am Ende waren es nur 5,7 Prozent, zwar immer noch das zweitbeste Landesergebnis seit 1990, doch auch Hermenau, die deutlich mehr angepeilt hatte, war enttäuscht.

Als Demokratin akzeptiere sie die Entscheidung der Grünen gegen das Bündnis mit der Union, sagte Hermenau weiter. Sie halte den Kurs der Partei aber für falsch. „In den letzten Jahren haben sich viele Leute für uns geöffnet, die ein Großteil der Partei offenbar gar nicht haben will. Wenn die Grünen keine Volkspartei sein wollen, werden sie auch keine werden. Viele praktische Alltagsfragen erscheinen ihnen zu banal“, sagte die 50-Jährige.

„Von der CDU könnten die Grünen mehr Bodenständigkeit lernen“, sagte Hermenau. Einen Eintritt in die CDU erwägt sie nach eigenem Bekunden jedoch nicht, sie fühle sich „politisch heimatlos“. In der Sachsen-Union war lange Zeit der frühere Fraktionschef und Minister Steffen Flath ein vertrauter Gesprächspartner für Hermenau; Flath, der als eher konservativer Christdemokrat galt, hat sich im Vorjahr ebenfalls aus der Politik zurückgezogen.

"Pegida stellt manch berechtige Frage"

Im Gegensatz zu den Grünen plädierte Hermenau dafür, Pegida-Sympathisanten nicht vorschnell zu verurteilen: „Das sind keine dumpfen Nazis von einem anderen Stern, sondern meine Leute, eben auch Sachsen“, sagte sie. „Sie wollen Flüchtlingen helfen, aber sich nicht ausnutzen lassen. Da ist viel Dumpfes dabei, das will ich nicht beschönigen. Aber es gibt auch eine echte Ratlosigkeit, die eine angemessene Antwort verdient.“ Manche Fragen, die Pegida aufwerfe, seien berechtigt, sagte Hermenau. „Die Euro-Rettung ist eine Farce, Sparguthaben und Versicherungen werden enteignet, und der Görlitzer Park in Berlin ist ein abschreckendes Beispiel für eine misslungene Integrationspolitik. Das überzeugt die Leute nicht.“ Die Organisatoren von Pegida seien austauschbar, „aber die Stimmung bleibt“.

Hermenau war 1990 eine der Mitgründerinnen der Ost-Grünen. Im ersten Landtag in Dresden gehörte sie der Fraktion an, wechselte aber 1994 in den Bundestag, wo sie sich als haushaltspolitische Sprecherin ihrer Partei einen guten Ruf als Fachpolitikerin erwarb, aber immer wieder mit dem linken Flügel der Grünen aneckte. Zermürbt von den innerparteilichen Kleinkriegen erwog sie offenbar schon vor Jahren den Austritt, konnte aber von anderen Spitzen-Grünen, die offen sind für ein Bündnis mit der Union, zum Weitermachen überredet werden.

Einer ihrer schärfsten Kritiker in der Landespartei, der ehemalige Dresdner Landtagsabgeordnete Johannes Lichdi, sagte dem Tagesspiegel zu Hermenaus Entscheidung: "Ein persönlich konsequenter Schritt von Antje Hermenau, die den Grünen in Sachsen viel erspart hätte, wenn er fünf Jahre früher erfolgt wäre." Sie habe "mit aller Gewalt" versucht, Schwarz-Grün in der Partei mehrheitsfähig zu machen, sei damit aber gescheitert. "Leider haben ihre persönlichen Ambitionen die Partei um Jahre zurückgeworfen. Die derzeitige sächsische Spitze der Grünen hat sie leider gewähren lassen."

Die Bundestagsabgeordnete Lisa Paus meinte zum Austritt Hermenaus: "Sie hat sich viele Verdienste um die Partei erworben, aber der Schritt ist folgerichtig."

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