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Der CDU-Bundestagsabgeordnete Mark Hauptmann.

© Jörg Carstensen/dpa

CDU-Abgeordneter legt Mandat nieder: Für die Union wird auch die Aserbaidschan-Affäre zum Problem

Wegen dubioser Kontakte nach Baku verzichtet der CDU-Politiker Mark Hauptmann auf sein Bundestagsmandat. Weitere Fälle könnten folgen.

Mit einer eigenen kleinen Zeitung, dem „Südthüringen Kurier“, wollte der Bundestagsabgeordnete Mark Hauptmann für seine CDU werben – und vor allem für sich selbst.

Auf der Titelseite der Ausgabe vom März 2018 erklärt er den Leserinnen und Lesern in seinem Wahlkreis, die CDU wolle den „politischen Stillstand“ in Deutschland auflösen. Auf der Rückseite des Blattes steht ein halbseitiger Werbetext über Aserbaidschan, das „Reiseziel am Kaspischen Meer“.

Diese Anzeige in dem von Hauptmann herausgegebenen Blatt wurde vom aserbaidschanischen Staat bezahlt. Eine zweite Anzeige wirbt für Granatapfelsaft, hergestellt von einer Firma aus dem Land im Südkaukasus.

Zuerst hatte der „Spiegel“ über die Anzeigen aus Baku berichtet. Hauptmann bestätigte dem Blatt, dass aserbaidschanische Stellen mehr als 16.000 Euro für Werbung im „Südthüringen Kurier“ gezahlt hatten. Fragen des Tagesspiegels zu den Anzeigen sowie weiteren Verbindungen nach Aserbaidschan ließ Hauptmann unbeantwortet. Die Anzeigen hätten seine politischen Entscheidungen zu keinem Zeitpunkt beeinflusst, sagte er der „Welt“.

Hauptmann legte sein Bundestagsmandat am Donnerstag nieder

Am Donnerstag legte Hauptmann sein Bundestagsmandat nieder. Fraktionsintern wurde ihm dieser Schritt offenbar nahegelegt.

Nach dem Maskenskandal wird damit nun die Aserbaidschan-Affäre für die Unionsfraktion kurz vor den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz zum Problem.

Gegen zwei CDU-Bundestagsabgeordnete, Karin Strenz und Axel Fischer, ermittelt die Generalstaatsanwaltschaft München wegen des Verdachts der Bestechlichkeit. Sie sollen im Europarat bei mindestens einer Gelegenheit gemäß den Vorgaben von Vertretern Aserbaidschans abgestimmt und sich auch darüber hinaus für die Interessen des autoritär regierten Landes eingesetzt haben.

Strenz erhielt nachweislich Geld aus Aserbaidschan, Fischer steht im Verdacht, ebenfalls Zuwendungen erhalten zu haben. In der vergangenen Woche wurden Fischers Büros und Wohnungen durchsucht. Vor vier Jahren hatte ein Korruptionsskandal um Zahlungen aus Baku den Europarat erschüttert.

[Lesen Sie bei Tagesspiegel Plus, was die Ermittler Fischer und Strenz konkret vorwerfen.]

Der Fall Hauptmann zeigt, dass die Aserbaidschan-Affäre noch mehr Abgeordnete betreffen könnte als bisher bekannt. Der Thüringer CDU-Politiker zeigte seit Jahren ein besonderes Interesse an dem Land im Südkaukasus und nahm an Veranstaltungen in Berlin teil, bei denen die Sichtweise des Regimes in Baku im Mittelpunkt stand.

Nach Tagesspiegel-Informationen reiste Hauptmann im Oktober 2018 zu Gesprächen in die aserbaidschanische Hauptstadt, wo er Termine mit dem Wirtschaftsminister, dem Energieminister, dem Ölkonzern Socar sowie weiteren Wirtschaftsvertretern bekam. Mit dabei war Otto Hauser, der ehemalige Regierungssprecher von Bundeskanzler Helmut Kohl, der heute Honorarkonsul Aserbaidschans ist. Die Reisekosten übernahm der Bundestag.

Hauptmann und Löbel reisten nach Baku

Nur wenige Tage nach Hauptmann machte sich der nächste CDU-Bundestagsabgeordnete auf den Weg nach Baku: Nikolas Löbel, der mittlerweile wie Hauptmann sein Mandat niedergelegt hat, allerdings wegen der Maskenaffäre. Löbel hatte für die Vermittlung von Schutzmasken in der Coronakrise eine Viertelmillion Euro kassiert.

Der CSU-Politiker Georg Nüßlein, gegen den wegen Bestechlichkeit im Zusammenhang mit Maskengeschäften ermittelt wird, trat aus der Unionsfraktion aus, er behielt aber sein Mandat.

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Löbel zeigte ebenfalls ein großes Interesse an Aserbaidschan, allein im Jahr 2018 fuhr er nach Informationen des Tagesspiegels gleich zwei Mal in das Land. Die Reise im Herbst begründete er damit, dass er Hauptberichterstatter für Aserbaidschan im Auswärtigen Ausschuss sei.

Er wolle die bereits geknüpften Kontakte pflegen und sein Netzwerk zu politischen Parteien, der Regierung und für Deutschland relevanten Organisationen ausbauen, schrieb Löbel dem Bundestagspräsidenten. Sechs Jahre zuvor hatte der CDU-Politiker in Baden-Württemberg bereits einen Landestag der Jungen Union organisiert, der von einer aserbaidschanischen Organisation gesponsert werden sollte.

In der Maskenaffäre verlangen Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt von jedem Abgeordneten eine Ehrenerklärung, dass er aus der Coronakrise keinen persönlichen Vorteil gezogen hat. Der CDU-Politiker Roderich Kiesewetter forderte am Donnerstag, die Offenlegung von Zahlungen nicht nur auf die Geschäfte mit medizinischer Ausrüstung in der Coronakrise zu beschränken: „Es gehört alles auf den Prüfstand“, schrieb er auf Twitter.

SPD-Politiker Schwabe fordert Aufklärung

Eine systematische Aufklärung der Aserbaidschan-Affäre gibt es bisher allerdings nicht. Der SPD-Abgeordnete Frank Schwabe warf der Union vor, eine Aufarbeitung der Vorwürfe gegen die CDU-Abgeordnete Strenz verschleppt zu haben. „Die Union hatte vier Jahre Zeit, die Vorwürfe im Zusammenhang mit dem Korruptionsskandal im Europarat aufzuklären“, sagte Schwabe dem Tagesspiegel.

„Jetzt muss die Union endlich Konsequenzen ziehen und Strenz und Fischer aus der Fraktion ausschließen.“ Zugleich forderte Schwabe CDU und CSU auf, bei ihren Abgeordneten auch Kontakte nach Aserbaidschan abzufragen. Im politischen Berlin kursieren derweil bereits weitere Namen von Parlamentariern, die ein kaum erklärliches Interesse an dem kleinen Land im Südkaukasus gezeigt haben.

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