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In Bedrängnis: US-Präsident Donald Trump am Mittwoch bei den Vereinten Nationen.

© REUTERS/Jonathan Ernst

Update

Geheimhaltung aufgehoben?: Whistleblower-Beschwerde über Trump offenbar vor Veröffentlichung

Gibt es Lücken im Gesprächsprotokoll von Trump und Selenskyj? Das Dokument, das die Ukraine-Affäre auslöste, könnte das klären. Es soll nicht mehr geheim sein.

Die im Zentrum der Ukraine-Affäre stehende Beschwerde eines US-Geheimdienstmitarbeiters gegen Präsident Donald Trump scheint nicht länger Verschlusssache zu sein. Die amtliche Geheimhaltung des Dokuments sei am späten Mittwochabend (Ortszeit) aufgehoben worden, berichtete der Sender CNN unter Berufung auf drei ungenannte Quellen. Gleiches hatte zuvor auch der republikanische Abgeordnete Chris Stewart, der im Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses sitzt, über Twitter kundgetan. „Ich ermuntere euch alle, das zu lesen“, schrieb er dort. Dem CNN-Bericht zufolge könnte das Dokument bereits am Donnerstag veröffentlicht werden.

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Die Beschwerde hatte die Affäre um ein umstrittenes Telefonat zwischen Trump und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj ins Rollen gebracht. Am Mittwoch war bereits ein Gesprächsprotokoll dazu veröffentlicht worden, das die Unterredung vom Juli nicht wortwörtlich wiedergibt.
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Aus Sicht vieler Demokraten zeigt es, dass Trump mit Hilfe einer ausländischen Regierung seinem politischen Rivalen Joe Biden - dem wohl aussichtsreichsten demokratischen Präsidentschaftsbewerber für die Wahl 2020 - schaden und damit den Wahlkampf beeinflussen wollte. Die Demokraten im Repräsentantenhaus hatten am Dienstag Vorbereitungen für ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump eingeleitet. Sie werfen ihm Verfassungsbruch vor. Biden selbst sprach am Mittwoch von Machtmissbrauch.

Das Protokoll, das die Unterredung nicht wortwörtlich wiedergibt, reicht den Demokraten nicht aus. Stattdessen müsse auch der Inhalt der Beschwerde des Geheimdienstmitarbeiters umgehend veröffentlicht werden, forderte der Minderheitsführer der Demokraten im Senat, Chuck Schumer.

Sie sei bereits wenige Stunden nach Publikation der Mitschrift des Telefonats mit Selenskyj dem Kongress zugestellt worden, heißt es in dem CNN-Bericht. Der Whistleblower hatte Kenntnis vom Inhalt des Telefonats erlangt und sich wegen Bedenken an eine interne Kontrollbehörde der Geheimdienste gewandt.

Beschwerde soll auf weitere Dokumente und Zeugen verweisen

Mitglieder des Geheimdienstausschusses im Senat, die Einblick in die Beschwerde bekamen, bezeichneten den Inhalt als „beunruhigend“. Die Vorwürfe des Geheimdienstmitarbeiters seien „sehr glaubwürdig“, wurde der demokratische Vorsitzende des Geheimdienstausschusses, Adam Schiff, zitiert. Die Demokaten sähen sich nach Sichtung des Dokuments in ihrer Haltung bestätigt, ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten vorzubereiten.

Die Beschwerde soll das Telefonat zwischen Trump und Selenskyj beinhalten, darüber hinaus aber noch auf weitere belastende Dokumente sowie zusätzliche Zeugen verweisen. Eine nicht näher genannte Quelle, die mit dem Vorgang vertraut sein soll, berichtete CNN zufolge, das Whistleblower-Dokument sei mit „minimalen Überarbeitungen“ freigegeben worden. Die Veröffentlichung werde am Donnerstagmorgen amerikanischer Zeit erwartet.

Donald Trump fand seine Telefonate mit Selenskyj „perfekt“

Trump hatte sich zuvor bereiterklärt, weitere Gesprächsprotokolle zu Telefonaten mit Selenskyj öffentlich zu machen. Die Gespräche seien alle „perfekt“ gewesen, sagte Trump in New York. Er sei zwar kein Freund davon, solche Mitschriften zu veröffentlichen. Allerdings wolle er die falschen Anschuldigungen der Demokraten mit Transparenz entkräften, damit sie das Land mit ihrer „Hexenjagd“ auf ihn nicht weiter spalten.

In der Aufregung um das strittige Telefonat und ein mögliches Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten kamen Selenskyj und Trump am Mittwoch in New York zusammen. „Ich denke, (...) dass mich niemand gedrängt hat“, sagte Selenskyj am Rande der UN-Vollversammlung. „Es war ein gutes Gespräch, es war normal.“ Trump sagte im Anschluss: „Ich habe niemandem gedroht.“ Das von den Demokraten angestrebte Amtsenthebungsverfahren bezeichnete er als „Witz“.

Trump wollte Informationen über Geschäfte von Bidens Sohn

Viele Demokraten sehen hingegen durch das veröffentlichte Gesprächsprotokoll bestätigt, dass Trump mit Hilfe einer ausländischen Regierung seinem Rivalen Biden schaden und damit den Wahlkampf beeinflussen wollte. Trump sagte Selenskyj zum Beispiel, er werde seinen persönlichen Anwalt Rudy Giuliani und US-Justizminister William Barr beauftragen, sich in der Causa Biden bei Selenskyj zu melden.

Trumps Vorwürfe gegen Biden beziehen sich auf frühere Geschäfte von dessen Sohn Hunter in der Ukraine. Als Vizepräsident soll Biden von der Ukraine die Entlassung eines Staatsanwalts verlangt und damit seinen Sohn vor Korruptionsermittlungen geschützt haben. In dem Telefonat mit Selenskyj sagte Trump, es wäre gut, „wenn Sie das prüfen könnten ... Es klingt für mich schrecklich“. Biden - der aussichtsreichste Präsidentschaftsbewerber der Demokraten für die Wahl im November 2020 - weist die Anschuldigungen als gegenstandslos zurück und wirft Trump Machtmissbrauch vor.

Enthält Whistleblower-Beschwerde Angaben zu Hilfszahlungen?

Eine Behauptung vermochte das Protokoll indes nicht zu stützen: dass Trump bei seiner Forderung nach Ermittlungen zulasten Bidens eine Hilfszahlung von rund 400 Millionen US-Dollar für das ukrainische Militär als Druckmittel eingesetzt haben könnte. Trump hatte kurz vor dem Telefonat mit Selenskyj die Auszahlung des Geldes blockiert. In dem Gesprächsprotokoll wurde die Hilfszahlung nicht erwähnt, Trump betonte demnach lediglich, dass die USA sehr viel für die Ukraine täten und auf Gegenseitigkeit hofften. Unklar ist, ob das veröffentlichte Protokoll in diesem Punkt vollständig ist. Auch deshalb wird die Veröffentlichung des Whistleblower-Dokuments mit Spannung erwartet.

Bislang gibt es keinen genauen Zeitplan für das von den Demokraten angestrebte Amtsenthebungsverfahren. Nach Untersuchungen und der Identifizierung von Anklagepunkten gegen Trump könnten sie ein sogenanntes Impeachment mit ihrer Mehrheit im Repräsentantenhaus anstrengen. Nötig wären dafür mindestens 218 Stimmen in der Kammer, in der die Demokraten 235 der 435 Sitze haben. US-Medienberichten zufolge haben sich inzwischen mehr als 200 demokratische Abgeordnete für das Verfahren ausgesprochen.

Die Entscheidung über eine tatsächliche Amtsenthebung träfe aber der Senat, wo Trumps Republikaner die Mehrheit haben. Die Aussichten auf Erfolg eines solchen Verfahrens sind daher gering. Bisher wurde noch kein US-Präsident durch ein Impeachment-Verfahren des Amtes enthoben. (Tsp, dpa, AFP)

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