zum Hauptinhalt
ARCHIV - 14.02.2023, Berlin: Karl Lauterbach (SPD), Bundesminister für Gesundheit, gibt ein Pressestatement in seinem Ministerium ab. Den Krankenkassen droht ein Rekorddefizit. Der Ökonom Raffelhüschen wirbt deshalb für eine höhere Selbstbeteiligung - doch davon will Gesundheitsminister Lauterbach nichts hören. (zu dpa: «Lauterbach gegen höhere Selbstbeteiligung für Kassenpatienten») Foto: Kay Nietfeld/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

© dpa/Kay Nietfeld

Geplante Pflegereform: Lauterbach wirbt trotz Kritik

Angesichts immer höherer Kosten für Pflegebedürftige will die Regierung gegensteuern und die gesamte Finanzbasis verstärken. Dafür soll auch der Pflegebeitrag steigen – aber nicht für alle.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach wirbt trotz breiter Kritik für die geplante Pflegereform, um Entlastungen und stabilere Finanzen zu erreichen. „Die Pflegebedürftigen haben unsere volle Solidarität verdient“, sagte der SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. „Da die Kosten von guter Pflege steigen, darf die Solidargemeinschaft nicht wegschauen und diese höheren Kosten den zu Pflegenden und ihren Angehörigen überlassen.“ Zur Finanzierung soll der Pflegebeitrag zum Sommer erhöht werden und zudem stärker danach unterscheiden, ob man Kinder hat oder nicht. Größere Familien würden profitieren und ab drei Kindern weniger zahlen müssen als heute.

Laut einem Entwurf des Ministeriums soll der allgemeine Beitrag zum 1. Juli „moderat um 0,35 Prozentpunkte“ angehoben werden. Noch liegt er bei 3,05 Prozent des Bruttolohns, für Menschen ohne Kinder bei 3,40 Prozent. Gleichzeitig umgesetzt werden soll aber auch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, wonach Eltern mit mehreren Kindern bessergestellt werden müssen als kleine Familien und Kinderlose.

Konkret würden die Pläne dazu führen, dass Familien mit drei und mehr Kindern weniger zahlen als derzeit. Laut Entwurf läge der Beitrag bei drei Kindern künftig bei 3,10 Prozent – davon entfallen 1,40 Prozent auf die Versicherten und 1,70 Prozent auf die Arbeitgeber. Bisher sind es beim Beitrag für Menschen mit Kindern für Arbeitgeber sowie für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer jeweils 1,525 Prozent.

Der Bund muss selbst Verantwortung übernehmen und Defizite der Pflegekassen ausgleichen.

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU)

Generell würde sich ein größerer Unterschied zwischen den Beiträgen mit und ohne Kinder ergeben – durch das Anheben des allgemeinen Beitrags um 0,35 Punkte und eine noch zusätzlich vorgesehene Anhebung des Zuschlags für Kinderlose um 0,25 Punkte. Dies führte laut einer Übersicht des Ministeriums dazu, dass der Beitrag ohne Kinder von nun 3,40 Prozent auf 4,00 Prozent steigt – davon 2,30 Prozent auf Beschäftigtenseite statt bisher 1,875 Prozent.

Teurer würde es auch für Familien mit einem Kind, für die der Beitrag laut Entwurf von 3,05 Prozent auf 3,40 Prozent steigen soll - dabei würde sich der Arbeitnehmeranteil von 1,525 Prozent auf 1,70 Prozent erhöhen. Mit zwei Kindern würde der Beitrag künftig bei 3,25 Prozent liegen - und der Arbeitnehmeranteil leicht auf 1,55 Prozent steigen.

Lauterbach sagte, es gelte die Finanzierung der Pflegeversicherung zu stabilisieren. „In einer menschlichen Gesellschaft muss uns die Pflege Hochbetagter mehr wert sein. Dass immer mehr Menschen nach einem arbeitsreichen Leben in die Sozialhilfe abrutschen, werden wir nicht akzeptieren.“ In Heimen, aber ganz besonders bei der Pflege zu Hause müssten Leistungen deutlich verbessert werden.

Um immer höhere Kosten für Pflegebedürftige abzufedern, sehen die Pläne dazu mehrere Entlastungen zum 1. Januar 2024 vor. So soll für Pflegebedürftige zu Hause das zuletzt 2017 erhöhte Pflegegeld um fünf Prozent steigen. Für Pflegebedürftige im Heim sollen 2022 eingeführte Zuschläge angehoben werden. Dies soll den Eigenanteil für die reine Pflege künftig im ersten Jahr im Heim um 15 statt 5 Prozent drücken, im zweiten um 30 statt 25 Prozent, im dritten um 50 statt 45 Prozent und ab dem vierten Jahr um 75 statt bisher 70 Prozent. Hintergrund ist, dass die Pflegeversicherung – anders als die Krankenversicherung - nur einen Teil der Kosten für die reine Pflege trägt. Dazu kommen für Heimbewohner noch Zahlungen etwa für Unterkunft und Verpflegung.

An den Plänen wird weiter Kritik laut. Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) forderte am Sonntag erneut mehr Zuschüsse aus Steuermitteln. „Der Bund muss selbst Verantwortung übernehmen und Defizite der Pflegekassen ausgleichen.“ Wenn wegen des demografischen Wandels künftig weniger Erwerbstätige mehr Pflegebedürftige allein über Beiträge finanzieren müssten, bekomme man ein großes Problem.

Der Linke-Fachpolitiker Ates Gürpinar sagte, Lauterbachs Problem sei, dass er zur Finanzierung nur eine Antwort kenne: Erhöhung der Beiträge. Längst sei aber klar, dass man im jetzigen System an die Grenzen gestoßen sei. „Nötig ist ein Umdenken, damit finanziell starke Schultern endlich mehr Verantwortung für die Pflege tragen.“ (dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false