
© dpa/David-Wolfgang Ebener
Gewalt in Freibädern: Richterbund kritisiert CDU-Forderung nach Schnellverfahren für Täter
Der neue CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann fordert, dass Gewalttäter noch am Tattag vor Gericht landen. Der Deutsche Richterbund kritisiert die Forderung.
Stand:
Der Deutsche Richterbund hat die Forderung von CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann nach schnelleren Verfahren für Gewalttäter in Freibädern als nicht umsetzbar kritisiert.
„Die Politik, die öffentlichkeitswirksam immer wieder nach einer zügigen Strafverfolgung ruft, muss die Justiz dann auch deutlich besser ausstatten“, erklärte Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn am Sonntagabend. Bundesweit fehlten allein in der Strafjustiz rund 1500 Strafrichter und Staatsanwälte. Aus den Ampel-Parteien wurde Linnemann Populismus vorgeworfen.
Der Personalmangel führe dazu, dass Strafverfahren sich immer länger hinzögen. Auch die Staatsanwaltschaften arbeiteten seit Jahren am Limit und müssten ihre Aufgaben zunehmend priorisieren, ergänzte Rebehn. „Es ist wenig überzeugend, wenn Politiker am Sonntag nach dem starken Rechtsstaat rufen, Montag bis Samstag aber zu wenig dafür tun.“
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Wiederholte gewaltsame Auseinandersetzungen in Berliner Freibädern
So hätten Bund und Länder bis heute keine Einigung auf einen zweiten Rechtsstaatspakt hinbekommen, durch den die Strafjustiz für ihre stetig wachsenden Aufgaben personell gestärkt werden sollte.
Es ist wenig überzeugend, wenn Politiker am Sonntag nach dem starken Rechtsstaat rufen, Montag bis Samstag aber zu wenig dafür tun.
Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn
Der neu ernannte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann hatte am Wochenende schnellere Verfahren für Gewalttäter gefordert. „Wer mittags im Freibad Menschen angreift, muss abends vor dem Richter sitzen und abgeurteilt werden“, sagte er der „Bild am Sonntag“. Dies gelte „auch am Wochenende“. Hintergrund von Linnemanns Forderung waren die wiederholten gewaltsamen Auseinandersetzungen in Berliner Freibädern.
„Der Vorschlag des neuen CDU-Generalsekretärs ist Populismus pur“, sagte die rechtspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Sonja Eichwede, dem „Tagesspiegel“ (Montagausgabe). Ob beschleunigte Verfahren anwendbar seien, könne nicht nach politischem Willen eines CDU-Generalsekretärs beurteilt, sondern müsse im Einzelfall durch ein Gericht entschieden werden.
„Warum gerade Gewalttaten im Freibad anders sanktioniert werden sollten als etwa häusliche Gewalt, erschließt sich nicht“, sagte Helge Limburg, rechtspolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag, dem „Tagesspiegel“. „Was wir brauchen, ist vor allem mehr Prävention und Sozialarbeit.“
Voraussetzung für rasche Verfahren sei eine ausreichende Personalausstattung der Justiz, erklärte Katrin Helling-Plahr, rechtspolitische Sprecherin der FDP, gegenüber der Zeitung. „Diesbezüglich kann Herr Linnemann in den unionsgeführten Ländern sehr einfach vor der eigenen Haustür kehren.“ Aus gutem Grund sehe auch das sogenannte beschleunigte Verfahren eine Ladungsfrist von 24 Stunden vor. Dies sei das absolute Minimum, um einen rechtsstaatlichen Standard sicherzustellen.
Die Justiz kann keine gute Sozialarbeit ersetzen.
Rechtspolitische Sprecherin Clara Bünger
Ein Sprecher des Bundesjustizministeriums wies daraufhin, dass beschleunigte Verfahren vor allem für „Fälle mit einfachem Sachverhalt und klarer Beweislage“ geeignet seien. „Bei unübersichtlichen Situationen mit vielen Beteiligten und sich widersprechenden Aussagen kommt dieses Verfahren dagegen grundsätzlich nicht in Betracht.“ Die Frage einer besseren Personalausstattung der Justiz auf Landesebene sei Aufgabe der einzelnen Bundesländer, betonte der Ministeriumssprecher.
Die Links-Fraktion im Bundestag warf der CDU „reinen Law-and-Order-Populismus“ vor, der die Gesellschaft spalte. „Die Justiz kann keine gute Sozialarbeit ersetzen“, sagte die rechtspolitische Sprecherin Clara Bünger der „Welt“ (Montagausgabe). „Daher ist es auch ein großer Fehler, dass der Berliner Senat gerade in Neukölln massive Einsparungen im sozialen Bereich plant.“ Nötig sei mehr Personal in Freibädern, mehr und besser bezahlte Sozialarbeit und mehr kostenlose Freizeitangebote für Jugendliche.
Zustimmung für Linnemann kam hingegen aus der AfD-Fraktion. Ebenso wichtig sei auch, dies mit einer „wesentlich restriktiveren Zuwanderungs- und Abschiebungspolitik“ zu flankieren, sagte er der „Welt“. „Mehr Kontrollen an den Grenzen ermöglichen weniger Kontrollen an den Freibadeingängen.“ (AFP)
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