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Eine rote Ampel leuchtet vor dem Reichstagsgebäude bei Nacht.

© Christoph Soeder/dpa

Debatte um neuen Warnwert: Gilt die Berliner Corona-Ampel bald bundesweit?

Die Sieben-Tage-Inzidenz verliere an Aussagekraft, hat Gesundheitsminister Spahn erneut betont. Weitere Faktoren sollen hinzutreten. Berlin könnte Vorbild sein.

Stand:

Stehen wir vor der großen Corona-Warnwert-Revolution? Wird im Herbst alles anders bewertet in der Pandemie? Mutmaßlich nicht. Zwar hat nun auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) via „Bild“ erklärt, die Inzidenz verliere mit steigender Impfrate an Aussagekraft. Aber dass der Sieben-Tage- Wert, dessen Verlauf ganz Deutschland seit gut einem Jahr täglich zur Kenntnis nimmt, demnächst zum Auslaufmodell würde – weit gefehlt.

Die Zahl der Neuinfektionen je 100.000 Einwohnern binnen sieben Tagen wird weiterhin eine Konstante der Pandemiebewertung bleiben – bundesweit, auf Landesebene, in den Stadt- und Landkreisen. Die Inzidenz bleibt nach verbreiteter Ansicht in den Ländern wichtig.

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Allerdings wird sich demnächst mindestens ein weiterer Bewertungsfaktor hinzugesellen. Es könnten auch mehrere werden. Darum geht es derzeit hinter den Kulissen – bei den Gesundheitsministern von Bund und Ländern, die sich am kommenden Montag treffen, wie auch bei den Regierungschefs.

Der nächste Bund-Länder-Gipfel im Rahmen der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) ist für den 10. August anberaumt. Es sei alles noch im Fluss, heißt es in Länderkreisen. Aber die Tendenz ist klar. Spahn hat sie im Blick, wenn er sagt, es brauche „zwingend weitere Kennzahlen, um die Lage zu bewerten“.

Es geht um Gewichtung

Es gehe um eine Gewichtung mehrerer Faktoren, so hat es der Chef der MPK, Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) am Donnerstag formuliert. In der Hauptstadt gilt solch ein System schon seit Mai 2020. Die Berliner Corona-Ampel hat drei Parameter. Zum einen war da der R-Wert, mit dem die Infektionsdynamik gemessen werden kann. Er gibt an, wie viele Mitmenschen von Infizierten im Schnitt angesteckt werden.

Zweitens stand die Sieben-Tage-Inzidenz schon immer im Mittelpunkt der Berliner Ampelregelung. Und drittens spielt auch die Belegung der Intensivstationen eine Rolle. Je nachdem, wo die Werte liegen, zeigen die einzelnen Ampeln grün, gelb oder rot an. Verschärfungen kann es geben, wenn mindestens zwei Ampeln auf Rot stehen.

Vorige Woche änderte sich die Berliner Ampel jedoch. Seither ist die Inzidenz höher gewichtet – indem der mittlerweile sehr schwankende R-Wert als Indikator für die Infektionsdynamik ersetzt wurde durch den verlässlicheren Wochenvergleich der Sieben-Tage-Inzidenz.

Klinikbelegung, Intensivfälle, Impfquote

Kommt dieses Berliner Modell nun überall? Müller wirbt dafür. Allerdings gibt es auch andere Vorschläge. Mecklenburg-Vorpommern hat Ende Juni eine eigene Corona-Ampel eingeführt, die ebenfalls mehrstufig ist. Als Indikatoren treten neben das Hauptkriterium der Sieben-Tage-Inzidenz die Neben-Indikatoren der Intensivbettenbelegung und der Zahl aller Corona-Fälle, die in Krankenhäusern behandelt werden.

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Je nach Verhältnis dieser drei Indikatoren wird eine Risikogewichtung vorgenommen. Welche Maßnahmen dann ergriffen werden, entscheiden die Landräte und Oberbürgermeister.

Die Schweriner Regierungschefin Manuela Schwesig (SPD) hat der MPK- Runde schon mal ihr Modell geschickt. Sie hofft, dass es Anklang findet. Auch in Sachsen oder im Saarland fließen schon seit einigen Monaten mehrere Faktoren in die Bewertung der Lage ein.

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) hält es wie Schwesig für gut, wenn nun auch bundesweit ein möglichst einheitliches Modell einer Warnampel angewendet würde. Dabei könnten, hört man in die Länder hinein, auch noch andere Faktoren als die Klinikbelastung eine Rolle spielen – vor allem die regionale Impfquote, im Verlauf von Herbst und Winter dann wohl schon inklusive der Drittimpfungen bei den Alten.

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