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Griechenlands Piraten zieht es ins Parlament. Nicht einmal vier Monate nach ihrer Gründung wollen die Piraten um den deutschen Gründer Georgios Mariotti zur Parlamentswahl im Mai antreten.

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Piraten in Europa: Griechenlands Piraten steuern in Richtung Parlament

Der durchschlagende Erfolg der Piraten in den deutschen Länderparlamenten beflügelt auch die Schwesterparteien im Ausland. In Griechenland steuern die Piraten jetzt auf das Parlament zu, das im Mai neu gewählt werden soll.

Europas kleine Parteien im Aufwind: In Griechenland wollen die Piraten schon im Mai erstmals zur Parlamentswahl antreten. Die "Komma Piraton Elladas", die griechische Piratenpartei, gibt es erst seit wenigen Monaten. Zu dem Gründungstreffen im vergangenen November, zu der ein Deutscher aufgerufen hatte, kamen neun Mitstreiter. Heute hat die Partei landesweit 1500 Mitglieder. "Für eine Partei, die nicht einmal vier Monate alt ist, ist das doch gar nicht schlecht", sagt der Gründer Georgios Mariotti stolz. Die griechischen Piraten segeln im Fahrwasser der deutschen Schwesterpartei, glaubt er.

Mariotti, ein Deutscher mit griechischen Wurzeln, glaubt auch, dass die Ideen der Piraten genau das Richtige für das krisengeschüttelte Land am Mittelmeer sind. Griechenland leidet unter der Korruption und einer wachsenden Kluft zwischen einer politischen Elite und der Bevölkerung. Transparenz und mehr direkte Demokratie sollen, geht es nach den Piraten, diese Probleme lösen. "Das geht natürlich nicht von jetzt auf gleich", sagt Mariotti.

Aber ein Anfang ist gemacht. Die Mitglieder strömen aus allen politischen Richtungen zu den Piraten, berichtet Marotti, der die Parteigründung von Deutschland aus in Angriff nahm. "Genau so, wie wir uns das gewünscht haben." Sowohl aus dem konservativen als auch aus dem sozialdemokratischen Lager seien bereits Parteimitglieder zu den Piraten übergelaufen.

Tatsächlich verlieren die etablierten Parteien zunehmend an Rückhalt in der griechischen Bevölkerung. Wahlumfragen in Griechenland sagen den Volksparteien Nea Demokratia und Pasok schon jetzt eine herbe Niederlage voraus. Keine der beiden großen Parteien würde demnach eine Parlamentsmehrheit erreichen. Zugelegt haben dafür die kleinen Parteien. Protestwähler könnten hier den Ausschlag geben. In Griechenland besteht Wahlpflicht, eine wachsende Zahl der Wähler verweigert jedoch den Urnengang, was nicht geahndet wird.

Parteiinternen Schätzungen zufolge könnte die griechische Piratenpartei 1,7 Prozent der Stimmen bekommen - zu wenig, um ins Parlament zu ziehen. Dennoch: "Manche träumen natürlich davon", sagt Mariotti. Er stellt aber immer wieder fest: "Die meisten Griechen kennen uns noch gar nicht."

Die Dreiprozenthürde ist nicht die einzige Hürde, die die Piraten auf dem Weg ins Parlament überwinden müssen. Etwa 20.000 Euro müssen die Piraten bis zur Wahl noch auftreiben. In Griechenland bekommen die Parteien keinerlei staatliche Zuwendungen, vom Wahlkampf bis zu den Stimmzetteln muss die Gruppe ihre Wahl selbst finanzieren.

Das Gründungstreffen fand im Hard Rock Café in Athen statt. Parteigründer Georgios Mariotti (zweiter von links) lebt in Deutschland.
Das Gründungstreffen fand im Hard Rock Café in Athen statt. Parteigründer Georgios Mariotti (zweiter von links) lebt in Deutschland.

© Laura Stresing

Viel größere Sorgen als die Sponsorensuche oder die Dreiprozentklausel bereitet den griechischen Freibeutern derzeit jedoch die gesetzlich vorgeschriebene Frauenquote von 33 Prozent. Bei der Rekrutierung weiblicher Mitglieder tun sich die griechischen Piraten noch schwerer als die deutsche Schwesterpartei. Mariotti sagt, anders als in Deutschland interessierten sich die griechischen Frauen weniger für Politik, die Familie stehe im Vordergrund, so der Halbgrieche.

Auch über flache Hierarchien kann man stolpern, mussten die Piraten hierzulande kürzlich feststellen. Die griechischen Piraten wollen ganz ohne die typischen Parteistrukturen auskommen. Einen Vorsitzenden gibt es nicht. Entscheidungen fallen per Mehrheitsbeschluss in der Versammlung. Ein siebenköpfiges Gremium, zu dem auch Mariotti gehört, erfüllt lediglich Koordinierungsfunktionen. Auch in Griechenland soll Liquid Democracy zum Kernstück der Parteiarbeit werden. Das Programm wurde auf einem eigenen Server installiert, bald soll es auch eine griechische Version geben.

Auch in anderen Ländern Europas finden die Ideen noch jungen Partei immer mehr Anhänger. Piraten aus mehr als 20 Ländern wollen deshalb am Wochenende in Prag über die Bildung einer Europäischen Piratenpartei (PPEU) beraten. „Da bin ich sehr gespannt, wie das ausgehen wird“, sagte der Internationale Koordinator der Piratenpartei Deutschland, Thomas Gaul, am Donnerstag der Nachrichtenagentur dpa. Der internationale Zusammenschluss Pirate Parties International (PPI) sei bereits in Brüssel registriert, sagte er. Zu der Generalversammlung dieses Weltverbandes in Prag entsendet jedes Mitglied bis zu sechs Delegierte. Bei Abstimmungen hat jedes Land aber nur eine Stimme.

Im Unterschied zu anderen Zusammenschlüssen von Parteien wie etwa der Sozialistischen Internationale orientiere sich die PPI weniger an festen Parteistrukturen als vielmehr an gesellschaftlichen Bewegungen für mehr Bürgerrechte, sagte Gaul. Weltweit gebe es Piratenparteien in rund 45 Ländern.

Die Wiege der Bewegung liegt in Schweden“, sagte Gaul. Dort wurde die Piratpartiet am 1. Januar 2006 gegründet. Die schwedischen Piraten sind zwar kein PPI-Mitglied, ihr Gründer Rickard Falvinge wird aber ebenfalls in Prag erwartet. Bei den informellen Gesprächen werden die Piraten auch über ihre Perspektiven und Erfahrungen in einzelnen Ländern reden. Dabei dürften die deutschen Piraten nach ihren jüngsten Wahlerfolgen auf großes Interesse stoßen. Die Erkenntnisse sollen auch in die Programmarbeit der Piratenpartei Deutschland einfließen, sagte Gaul. „Der globale Blick ist auf jeden Fall da.“ (mit dpa)

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