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„Grundgesetz schützt auch die kontroverse Meinung“: Justizministerin lehnt Klarnamenpflicht im Internet ab
Justizministerin Hubig (SPD) hat die Forderung nach einer Klarnamenpflicht im Netz zurückgewiesen. Widerstand kommt auch aus NRW, Niedersachsen und der FDP.
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Justizministerin Stefanie Hubig (SPD) hat sich gegen die Einführung einer Klarnamenpflicht im Internet ausgesprochen und weist damit entsprechende Forderungen aus Bayern und des Ex-Bundesverfassungsgerichtspräsidenten Andreas Voßkuhle zurück.
„Eine staatlich verordnete Klarnamenpflicht im Internet lehne ich ab“, sagte Hubig dem Tagesspiegel: „Wer eigene Meinungen oder Erfahrungen anonym oder unter Pseudonym äußern möchte, ist dafür keine Rechenschaft schuldig.“ Es gebe „viele nachvollziehbare Gründe für den Wunsch nach Anonymität“, sagte Hubig.
Das berechtigte Interesse an dauerhafter Anonymität ende dort, „wo Straftaten begangen werden“. Auch im digitalen Raum habe die Meinungsfreiheit Grenzen.
Eine Klarnamenpflicht ist politisch brandgefährlich, weil sie Misstrauen sät und Meinungsfreiheit einschnürt.
Benjamin Limbach (Grüne), Justizminister von NRW
Es sei deshalb wichtig, dass kriminelle Äußerungen im Internet verfolgt werden und Täter zur Rechenschaft gezogen werden können, sagte Hubig: „Dafür braucht es aber keine Klarnamenpflicht.“ Es sei ausreichend, wenn sich die Identität von Straftätern im Nachhinein ermitteln lasse, sagte die SPD-Politikerin: „Das Grundgesetz schützt gerade auch die kontroverse Meinung und die polemische Zuspitzung.“
Auch die Justizminister von NRW und Niedersachsen, Benjamin Limbach (Grüne) und Kathrin Wahlmann (SPD), sprachen sich gegen eine Klarnamenpflicht im Internet aus. „Wir müssen noch mehr gegen digitale Hetze und Gewalt im Internet tun. Die Forderung nach einer Klarnamenpflicht führt uns aber in die völlig falsche Richtung“, sagte Limbach dem Tagesspiegel. Sie sei technisch leicht zu umgehen und „politisch brandgefährlich, weil sie Misstrauen sät und Meinungsfreiheit einschnürt“.
Man wolle „kein Klima digitaler Kontrolle nach chinesischem Vorbild“, sagte Limbach, „sondern eine lebendige Demokratie, in der Menschen ihre Meinung frei äußern können, das auch anonym.“
Wahlmann nannte eine Klarnamenpflicht im Internet „ein zweischneidiges Schwert“, bei dem die besseren Gründe dagegensprächen. Eine Klarnamenpflicht würde „auch schützenswerte Personen, die sich im Internet rechtstreu verhalten, beeinträchtigen und es ihnen erschweren, von ihren Grundrechten aus Meinungsfreiheit und informationeller Selbstbestimmung Gebrauch zu machen“, sagte die SPD-Politikerin dem Tagesspiegel.
Ein Sprecher des Bundesministeriums für Digitales teilte auf Tagesspiegel-Anfrage mit, das Thema Klarnamenpflicht im Netz sei „sensibel und betrifft zentrale Werte unserer digitalen Gesellschaft“. Der Schutz der Privatsphäre im Internet sei ein hohes Gut und müsse gewährleistet bleiben. „Gleichzeitig darf Anonymität kein Freibrief für Hass, Hetze oder strafbares Verhalten sein.“
FDP-Chef Christian Dürr sagte, eine Klarnamenpflicht würde die gesellschaftliche Freiheit in Bedrängnis bringen. „Ein freies Internet beinhaltet auch immer das Recht, es anonym nutzen zu können. Eine Klarnamenpflicht wäre daher grundfalsch und sogar gefährlich“, sagte Dürr dem „Tagesspiegel“: Man dürfe gute Gründe für die anonyme Meinungsäußerung nicht ignorieren – „sie schützt vielerorts Minderheiten, politisch Verfolgte und alle, die aus berechtigten Gründen nicht mit ihrem Klarnamen auftreten können oder wollen“.
Zuvor hatten sich Ex-Bundesverfassungsgerichtspräsident Andreas Voßkuhle und der bayerische Digitalminister Fabian Mehring (Freie Wähler) für die Einführung einer Klarnamenpflicht ausgesprochen. „Eine Klarnamenpflicht in den sozialen Medien einzuführen“ könne die Diskurskultur im Netz zivilisieren, sagte Mehring dem Tagesspiegel. Was am Stammtisch kriminell sei, müsse im Netz sanktioniert werden können. Berlins Justizsenatorin Felor Badenberg (CDU) verlangte eine „ergebnisoffene, aber zielgerichtete Debatte über eine Klarnamenpflicht im digitalen Raum“.
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