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Grüne in Mecklenburg-Vorpommern: Belästigungsvorwürfe gegen Spitzenkandidatin Oehlrich
Vor zwei Monaten zerlegte sich die Grünen-Fraktion in Schwerin, nun gibt es zwei Belästigungsvorwürfe gegen Fraktionschefin Oehlrich. Eigentlich soll sie die Partei in die Landtagswahl führen.
Stand:
Gut zehn Monate vor der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern schlittern die Grünen dort immer tiefer in die Krise. Gegen die Fraktionsvorsitzende Constanze Oehlrich gibt es zwei Beschwerden von Mitarbeitern der Fraktion. Das bestätigte eine Sprecherin der Fraktion dem Tagesspiegel, zuerst hatte die Ostsee-Zeitung berichtet.
Wie der Tagesspiegel aus Parteikreisen erfuhr, soll es sich bei den Beschwerden unter anderem um Machtmissbrauch und Belästigung handeln. Es sei zu Liebesbekundungen und unerwünschten Berührungen von Oehlrich gekommen.
Diese Darstellung wollte die Sprecherin der Grünen-Fraktion in Schwerin nicht kommentieren. „Zum Schutz der Persönlichkeitsrechte und zur Wahrung der Integrität des Verfahrens“ werde man keine Details zu den Beschwerden öffentlich machen. Die Verfahren, die „seit einiger Zeit“ laufen, würden von einer „spezialisierten Kanzlei professionell und rechtssicher begleitet“, hieß es weiter.
Der Vorgang ist für die Grünen im Nordosten äußerst brisant, denn die 50-jährige Oehlrich soll die Partei auch in die Landtagswahl im kommenden Jahr führen. In Umfragen stehen die Grünen bei fünf Prozent, der Wiedereinzug könnte zur Zitterpartei werden.
Bereits vor einigen Wochen hatte ein schwerer Streit die kleine Fraktion belastet. Gemeinsam mit der Parlamentarischen Geschäftsführerin Jutta Wegner hatte Oehlrich im September einen Abwahlantrag von Hannes Damm als stellvertretendem Fraktionsvorsitzenden eingebracht.
Dem Energie- und Umweltexperten der Grünen im Schweriner Landtag, der sich etwa im Untersuchungsausschuss zu Nord Stream 2 über die Landesgrenzen hinaus einen Namen gemacht hat, war damals ein „massiver Vertrauensbruch“ vorgeworfen worden. Worin dieser bestand, wurde nicht dargelegt. Mit den Stimmen von Oehlrich, Wegner und den beiden anderen Grünen-Abgeordneten war Damm schließlich seines Postens enthoben worden.
Wenige Tage später war Damm dann auf dem Landesparteitag in Wismar gleich mehrfach beim Versuch gescheitert, einen aussichtsreichen Listenplatz zu erhalten. Fragen zu den Vorgängen um Damm waren beim Parteitag nicht zugelassen. Die Delegierten wählten stattdessen den Landesvorsitzenden der Grünen, Ole Krüger, auf Listenplatz zwei. Oehlrich wurde mit dem schwachen Ergebnis von 73,3 Prozent ohne Gegenkandidatur zur Spitzenkandidatin gewählt.
Kein Zusammenhang zwischen Abwahl und Beschwerde?
Einen Zusammenhang zwischen dem Abwahlantrag von Damm und den Beschwerden gegen Oehlrich gebe es nicht, versicherte die Fraktionssprecherin auf Tagesspiegel-Anfrage. „Es besteht kein Zusammenhang zwischen den laufenden Personalverfahren und dem Vertrauensverlust, der zur Abwahl von Hannes Damm durch die Fraktion geführt hat.“
In einem internen Schreiben von Damm, das vor dem Landesparteitag an hochrangige Vertreter des Landesverbandes verschickt worden war und das dem Tagesspiegel exklusiv vorliegt, stellte der 33-Jährige dies aber grundlegend anders dar. Auf Tagesspiegel-Anfrage wollte sich Damm am Donnerstag dazu jedoch nicht äußern.
Die Landesvorsitzende der Grünen in Mecklenburg-Vorpommern, Katharina Horn, wollte die Vorwürfe gegen Oehlrich auf Anfrage nicht bewerten: „Als Landesvorstand steht für uns grundsätzlich fest, dass Arbeitgeber*innen eine besondere Verantwortung gegenüber ihren Arbeitnehmer*innen tragen“, antwortete sie dem Tagesspiegel schriftlich. Komme es doch zu Fehlverhalten, sei klar: „Die Aufarbeitung muss strukturiert und vor allem betroffenengerecht erfolgen.“
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