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Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU, r) spricht mit Lars Klingbeil (SPD), Bundesminister der Finanzen.

© dpa/Michael Kappeler

Haushalt ohne Halt: Merz und Klingbeil wetten auf eine bessere Zukunft

1610 Milliarden Euro Schulden, ein Finanzloch von 172 Milliarden – und kein echter Sparkurs. Schwarz-Rot setzt auf einen Aufschwung, der nicht kommt.

Stephan-Andreas Casdorff
Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Stand:

Kein Wunder, dass die Beliebtheitswerte der schwarz-roten Bundesregierung nicht eben die höchsten Höhen erklimmen. Eher im Gegenteil: Die Ampel lässt grüßen. Denn die Entscheidungen zeigen, dass weder alles anders noch vieles besser wird.

Diesmal ist nicht das Steckenpferd des Bundeskanzlers gemeint, die Außenpolitik, sondern die Innenpolitik, genauer: die Haushaltspolitik. Wer gedacht hatte, mit Friedrich Merz werde hier eine neue Solidität einkehren, wird eines Schlechteren belehrt.

Merz und Lars Klingbeil im Finanzministerium, diese beiden reißen alle Linien, die vorher mal gezogen wurden. Ob sich hier rächt, dass SPD-Chef Klingbeil bisher weder Regierungserfahrung noch finanzpolitische Expertise vorzuweisen hatte?

Neben Monsterschulden in Höhe von insgesamt 1610 Milliarden Euro kommen noch solche Wortbrüche hinzu: Das Digitalministerium erhöht die Zahl der Ressorts weiter, statt sie zu verringern, und noch nie gab es eine so hohe Zahl von parlamentarischen Staatssekretären und Staatsministern wie in der neuen Regierung. Obwohl der Bundestag deutlich kleiner wurde.

Das hätte sich Rot-Gelb-Grün mal erlauben sollen. Was wohl Merz in der Opposition dazu gesagt hätte.

Das Finanzloch wird größer

Was erlauben Klingbeil! Durch verschiedene, dem Eigensinn der Koalition geschuldete Vorhaben fehlen der Bundesregierung in der Finanzplanung 2027 bis 2029 rund 172 Milliarden Euro. Schon schlimm genug, dass bisher von einer Lücke von 144 Milliarden Euro ausgegangen worden war – inzwischen klafft ein noch größeres Loch.

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Kurz: Die Haushaltslöcher werden immer größer, während zugleich die Schulden auch immer größer werden. Wer soll das noch verstehen? Aber Schwarz und Rot, Merz und Klingbeil, finden sich prima.

Haushaltstechnisch ist da von „Handlungsbedarf“ die Rede. Das Wort klingt wie Hohn angesichts der prekären Situation.

Die Bundesregierung setzt vor allem darauf, dass die Konjunktur anspringt und es mehr Steuereinnahmen gibt. Deutschland droht immerhin das dritte Jahr in Folge ohne Wirtschaftswachstum.

Nur ist es doch – auch – so: Seit Jahrzehnten (!) besteht ein Reformstau, hinzu kommen Löcher in sämtlichen öffentlichen Haushalten. Will heißen: Aus solchem Minus wird kein Plus. So schnell jedenfalls nicht.

Man stelle sich nur mal einen Augenblick vor: Der Bundeshaushalt 2017 umfasste Ausgaben in Höhe von 328,7 Milliarden. Klingbeil sah sich aber jetzt bei den Etatplanungen Wünschen seiner Kabinettskolleginnen und -kollegen nach noch mehr Milliarden als ohnehin schon ausgesetzt – und dabei hatte er mehr als 520 Milliarden Euro vorgesehen!

Wie soll der Bundeshaushalt zukunftsfähig ernannt werden, wenn er also im Wesentlichen die Wette auf eine bessere Zukunft ist? Es kann einem schwindelig werden.

Stephan-Andreas Casdorff

Noch mal ein kurzes Zahlengewitter: neue Kredite in Höhe von 89,9 Milliarden Euro, neue Schulden von insgesamt 84,4 Milliarden Euro aus den beiden Sondervermögen. Und die Mittel aus dem 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen für die Bundeswehr sind laut Planung im Jahr 2028 verbraucht.

Wenn sich doch diese Regierungskoalition dazu entscheiden könnte, nicht immer mehr Geld auszugeben. Noch dazu Geld, das sie nicht hat, sondern sich von der Gesellschaft, den Kindern und Kindeskindern, borgen muss. Das wirkt, ja doch, auch irgendwie fahrlässig.

Sparen ist da auch ein Gebot der Stunde. Wollen sie, sagen sie; sagt auch Klingbeil. Nur: Sparen im eigentlichen Sinn heißt weniger. Insgesamt weniger – nicht weniger vom Mehr. Aber noch nicht mal das gibt’s.

Wie soll der Bundeshaushalt zukunftsfähig ernannt werden, wenn er also im Wesentlichen die Wette auf eine bessere Zukunft ist? Es kann einem schwindelig werden.

Als könnten Friedrich Merz und Lars Klingbeil nicht mit Geld umgehen – sagen die Grünen. Mit einigem Recht. Und nicht nur sie sind beunruhigt. Achtung, Ampel! Dazu streiten die Koalitions-„Partner“ jetzt schon wie die Vorgängerregierung, das Urteil über den Kampf zwischen Schwarz und Rot um die Stellen am Bundesverfassungsgericht wird hart ausfallen.

Ausgeräumt ist da jedenfalls gar nichts. In der SPD ist der Ärger nach dem Rückzug der Kandidatin groß. Fraktionschef Matthias Miersch stellt die Belastbarkeit der Koalition sogar in Frage. Die Beliebtheitswerte sind ein Anhalt. Sie zeigen ein Stoppsignal.

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