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Marco Buschmann (FDP), Bundesminister der Justiz

© dpa/Kay Nietfeld

Update

„Ein bitteres Zugeständnis“: Wie Justizminister Buschmann den Gefangenenaustausch ermöglichte

Der „Tiergartenmörder“ war aus russischer Sicht das zentrale Puzzlestück für den Deal mit dem Westen. Bei dessen Freilassung spielte die Bundesregierung letztlich eine entscheidende Rolle.

Stand:

Bundesjustizminister Marco Buschmann hat das vorzeitige Ende der Haft für den „Tiergartenmörder“ mit der Sorge um das Leben der in Russland und Belarus inhaftierten Menschen begründet, die im Gegenzug freigelassen wurden. „Für 16 Menschen hat heute ein neues Leben in Freiheit begonnen“, sagte der FDP-Politiker. Sie alle seien - direkt oder indirekt - Gefangene des russischen Präsidenten Wladimir Putin gewesen.

„Ihnen drohte ein ähnliches Schicksal, wie Alexej Nawalny es erlitten hat“, fügte Buschmann hinzu. Der bekannte russische Oppositionelle war im Februar im Alter von 47 Jahren in einem Straflager in der russischen Arktisregion gestorben.

Für die Freiheit der Gefangenen habe man bittere Zugeständnisse machen müssen, räumte Buschmann ein. Mit Blick auf die Ausweisung des verurteilten Mörders Wadim Krassikow sagte er: „Ein besonders bitteres Zugeständnis verantworte ich als Justizminister.“

Zuständig für die Aussetzung der Strafvollstreckung ist zwar grundsätzlich der Generalbundesanwalt Jens Rommel. Das Bundesministerium der Justiz hat Rommel im Fall von Wadim Krassikow jedoch schriftlich angewiesen, diese Vollstreckung auszusetzen, um dadurch den Gefangenenaustausch zu ermöglichen. Dadurch musste der zu lebenslanger Haft verurteilte Russe nur knapp fünf Jahre absitzen.

Scholz sieht staatliches Interesse im Vordergrund

Der „Tiergartenmörder“ hatte in einer Parkanlage in Berlin einen Georgier getötet, der in Deutschland Schutz gesucht hatte. Kremlchef Putin nahm den Mörder öffentlich in Schutz, weil er aus russischer Sicht einen Staatsfeind beseitigt hatte. Ein Gericht in Berlin sah es 2021 als erwiesen an, dass Wadim Krassikow im staatlichen russischen Auftrag handelte, als er den Georgier am 23. August 2019 heimtückisch erschoss.

Abzuwägen war das gewichtige Interesse an der Vollstreckung der Strafe gegen die Freiheit von 16 Menschen, die teilweise nur deshalb in Haft saßen, weil sie von ihrer Meinungsfreiheit Gebrauch gemacht haben“, erklärte Buschmann das Dilemma. Als Justizminister sei dabei für ihn das Prinzip „Im Zweifel für die Freiheit“ entscheidend gewesen.

Ähnlich äußerte sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). „Niemand hat sich die Entscheidung einfach gemacht, einen zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilten Mörder nur nach wenigen Jahren der Haft abzuschieben“, sagte Scholz am Donnerstagabend am Flughafen Köln/Bonn.

In diesem Fall habe das staatliche Interesse an der Vollstreckung der Strafe abgewogen werden müssen „mit der Freiheitsgefahr für Leib und in einigen Fällen auch des Lebens unschuldig in Russland inhaftierter Personen und zu Unrecht politischen Inhaftierter“. Für die Bundesregierung sei entscheidend gewesen, „dass wir eine Schutzverpflichtung haben gegenüber deutschen Staatsangehörigen sowie auch die Solidarität mit den USA“.

Die Umsetzung sei „durch ein vom Generalbundesanwalt verfügtes Absehen von der Vollstreckung der Freiheitsstrafe und anschließender Abschiebung“ erfolgt, sagte Scholz. (dpa, AFP)

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