zum Hauptinhalt
Die Feuerwehr hat in einer großen Messehalle für 1152 Geflüchtete auf dem Messeglände in Hannover Zelte aufgebaut.

© IMAGO/Bernd Günther

Immer mehr Geflüchtete: Wie schaffen wir das?

In vielen Städten sind die Unterkünfte für Geflüchtete voll belegt. Vor dem Gipfel von Innenministerin Nancy Faeser mit Ländern und Kommunen erklären drei Expertinnen und Experten, was jetzt zu tun ist.

Von

Stand:

Mehr als eine Million Geflüchtete aus der Ukraine hat Deutschland seit dem 24. Februar vergangenen Jahres aufgenommen. Gleichzeitig ist auch die Zahl der Schutzsuchenden aus anderen Ländern gestiegen. In vielen Städten und Kommunen werden die Unterbringungsmöglichkeiten knapp. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat für den kommenden Donnerstag zum Flüchtlingsgipfel geladen. In unserer Serie „3 auf 1“ erklären drei Expert:innen, was jetzt zu tun ist. Alle Folgen von „3 auf 1“ finden Sie hier.


Wir brauchen schnelle Asylverfahren

Immer weniger Flüchtlingen gelingt es weltweit seit Jahren außerhalb ihrer Herkunftsländer noch Schutz zu finden. Entscheidend dafür, wie viele Menschen Grenzen überschreiten, ist die Grenzpolitik von Staaten.

Regelmäßig – in Australien, Ungarn, Griechenland oder Polen – entscheiden sich Regierungen für Pushbacks. Die große Ausnahme sind Millionen Ukrainerinnen in der EU. Zuletzt riefen europäische Regierungen beim EU-Gipfel in Brüssel wieder nach Zäunen an den Außengrenzen. Zäune gibt es allerdings schon viele, und auf dem Wasser kann man keine weiteren bauen.

Wer ohne illegale Pushbacks irreguläre gefährliche Migration reduzieren will, wie die Ampel es verspricht, braucht einen Dreiklang aus schnellen Asylverfahren, Abschiebungen ab Stichtagen und dafür Angebote legaler Mobilität an Partnerländer, schnell alle zurückzunehmen, die keinen Schutz in der EU brauchen. Doch darüber, wie das gehen soll, hat der letzte EU-Gipfel kein Wort verloren.


Die Städte geraten an ihre Grenzen

Wir haben viel aus dem Flüchtlingsgeschehen 2015/2016 gelernt, konnten so zu Beginn des Angriffs auf die Ukraine auf bekannte Strukturen und Netzwerke zurückgreifen und dank vieler engagierter Bürgerinnen und Bürger schnell helfen. Die Städte geraten aber an ihre Grenzen. Es stellt sich die Frage nach der Erstverteilung so vieler neu ankommender Geflüchteter, zwischen Bundesländern, zwischen ländlichen und städtischen Regionen.

Die Stadt Augsburg bringt derzeit rund 1500 Menschen in ihren Unterkünften unter. Und wir nehmen nicht nur selbst Geflüchtete auf, wir unterstützen auch den Bund und den Freistaat Bayern bei ihren Aufgaben zur Unterbringung von Geflüchteten, zum Beispiel im Ankunftszentrum für Asylbewerber. Wir erfüllen unsere Verteilungsquote zu rund 150 Prozent.

Ungelöst ist die Frage, wie es mit Kosten für Kita und Schule weitergeht, wie die Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt sind oder wie die ärztliche Versorgung sichergestellt wird. Um diese Herausforderung zu stemmen, brauchen wir mehr Initiative von Bund und Ländern.


Kommunen deutlich besser aufgestellt als 2015

Die Situation ist vielerorts angespannt, aber unterschiedlich stark. Kommunen sind deutlich besser aufgestellt als 2015. Die Zusammenarbeit zwischen Behörden und Zivilgesellschaft hat sich etabliert. Doch vieles ging in der Pandemie verloren, weil Integration keine kommunale Pflichtaufgabe ist. Auch künftig wird es Zeiten hoher Fluchtzuwanderung geben, nicht zuletzt wegen des Klimawandels.

Wir brauchen daher keine konzeptionellen Eintagsfliegen, sondern flexible, lokale Masterpläne. Das gilt für Unterbringungskapazitäten, Kita-Plätze, Lehrkräfte. Außerdem müssen wir uns um eine effiziente Verteilung der Schutzsuchenden kümmern.

Integration gelingt am besten und kostengünstigsten, wenn Menschen und Orte zueinander passen. Dafür müssen Kommunen Aufnahmeprofile erstellen, Bund und Länder müssen Geflüchtete systematisch nach ihren Bedarfen und Potenzialen fragen. Wenn es uns gelingt, jenseits aufgeregter Debatten an pragmatischen Lösungen zu arbeiten, blicke ich optimistisch in die Zukunft.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })